Athen. Vor vier Jahren hatte er bei den Olympischen Spielen in Sydney beim Einmarsch bereits die Fahne für sein Land getragen, am Sonntagabend erklomm Nicolas Massu in Athen mit einem historischen Triumph endgültig den Tennis-Olymp. Der 24-Jährige eroberte mit seinem 6:3, 3:6, 2:6, 6:3, 6:4-Erfolg über den US-Amerikaner Mardy Fish nach dem Doppeltitel vom Sonnabend auch die Einzel-Krone und holte damit als erster Spieler seit Wiederaufnahme von Tennis ins olympische Programm 1988 zweimal Gold. Chile hat damit beim olympischen Tennisturnier fast komplett die Medaillen abgesahnt, nachdem Massus Doppelpartner Fernando Gonzalez bereits am Sonnabend Bronze gegen Taylor Dent (USA) gewonnen hatte.

Wie bereits beim Doppel-Marathon gegen Rainer Schüttler und Nicolas Kiefer (siehe Seite 26) zeigte Massu auch gegen Fish eine fast unglaubliche Energieleistung. Immer wieder peitschte sich der 27. im Champions Race auf, feierte fast jeden Punkt mit geballter Faust und schrie sich nach "Big Points" selbst an.

Der Chilene hatte den ersten Satz klar dominiert, gab die folgenden zwei Durchgänge aber chancenlos ab. Massu kämpfte sich dennoch im vierten Satz wieder ins Match und nahm, von seinen Landsleuten im Stadion lautstark angefeuert, Fish den Aufschlag zur vorentscheidenden 3:2 Führung ab. Nach dem verwandelten Matchball sank er, von seinen Gefühlen überwältigt, zu Boden.

Das erste Gold für China und das triumphale Comeback der Weltranglistenersten Justine Henin-Hardenne prägten das olympische Damentennisturnier. Das Damendoppel Ting Li/Tian Tian Sun bezwang im Endspiel das favorisierte spanische Duo Conchita Martinez und Virginia Ruano-Pascual mit 6:3, 6:3. Bronze ging an die Argentinierinnen Paola Suarez/Patricia Tarabini, die sich im "kleinen Finale" 6:4, 6:3 gegen Shinobu Asagoe/Ai Sugiyama (Japan) durchgesetzt hatten.

Im ersten Turnier nach zehn Wochen Zwangspause wegen des Pfeifferschen Drüsenfiebers bestieg Henin-Hardenne den Olymp und trat damit die Nachfolge von Venus Williams im Einzel an. Die Belgierin setzte sich im Finale gegen die Französin Amelie Mauresmo 6:3, 6:3 durch. Bronze ging an die Australierin Alicia Molik, die das Spiel um Platz drei gegen French-Open-Siegerin Anastasia Myskina aus Russland mit 6:3, 6:4 für sich entschied.

"Es ist ein unbeschreibliches Gefühl für mich, ein Traum ist wahr geworden", sagte die dreimalige Grand-Slam-Siegerin: Vor zwei Wochen erst hat sich Justine Henin-Hardenne für das Comeback in Athen entschieden. Auf die ihr zugedachte Ehre, bei der Eröffnungsfeier die belgische Fahne zu tragen, verzichtete sie allerdings schweren Herzens, um kein Risiko einzugehen. Gold wiegt diese Enttäuschung sicher auf.