Marcel Schäfer, Marvin Compper und Tobias Weis sollen gegen die ersatzgeschwächten Briten debütieren.

Berlin. Deutschland gegen England, der Klassiker elektrisiert noch immer, auch heute, wenn sich beide Mannschaften im Berliner Olympiastadion (20.30 Uhr, ZDF live) gegenüberstehen. Die Briten kommen stark ersatzgeschwächt (ohne Rooney, Lampard, Gerrard, Ferdinand, Joe Cole), und auf deutscher Seite lässt "Jogi" Löw irgendwann in diesem Spiel seinen "Kindergarten" ran. Wenn alles so läuft, wie es sich der Bundestrainer vorstellt, könnte es heute gleich vier Neulinge im DFB-Trikot geben. Löw bittet zum Debütantenball. Neben Torwart Tim Wiese hoffen die Defensivspieler Marvin Compper, Marcel Schäfer und Tobias Weis auf ihren Einsatz. Die Nationalelf befindet sich im Umbruch, Löws Motto heißt im Hinblick auf die WM 2010 in Südafrika: Neue Männer braucht das Land.

Dass der Bremer Wiese (26) seine Chance bekommen würde , ist keine Überraschung. Aber besonders die Hoffenheimer Compper (23) und Weis (23) sind vielen Fans noch gänzlich unbekannt. Beide sorgen zurzeit im Ländle für viel Verdruss, stammen sie doch aus der Jugend des VfB Stuttgart, und dort haben die Experten ganz offenbar die Talente nicht erkannt.

"Ich konnte es erst gar nicht glauben, als mich der Bundestrainer angerufen hat", sagt Tobias Weis. Der 1,70 Meter große Mittelfeldspieler gab damals zu: "Abends beim Training habe ich nur noch gelacht." So groß war seine Freude. Die Nacht danach verbrachte er im Elternhaus in Schwäbisch Hall und schlief schlecht - die Aufregung.

Weis ist ein Senkrechtstarter des Aufsteigers Hoffenheim. Er wohnt mit Freundin Rehana in Bad Rappenau (bei Heilbronn). Erst in den letzten sechs Spielen der vergangenen Zweitligasaison wurde er bei der TSG Stammspieler, zuvor hatte ihn ein Innenbandriss sechs Monate außer Gefecht gesetzt. "Dann war Tobias aber da, und er hat maßgeblichen Anteil daran, dass wir aufgestiegen sind", sagt TSG-Trainer Ralf Rangnick und lobt: "Sie haben etwas in der Birne, sie sind taktisch bestens geschult und charakterlich einwandfrei."

Das wird von allen aus der Umgebung bestätigt. TSG-Manager Jan Schindelmeiser geht sogar noch weiter: "Marvin Compper hat alle Anlagen, ein Führungsspieler zu werden." Der Sohn eines französischen Vaters und einer deutschen Mutter wechselte einst vom VfB Stuttgart zu Borussia Mönchengladbach, doch als dort Trainer Jupp Heynckes entlassen wurde, fand sich der Linksverteidiger plötzlich auf der Tribüne wieder. Rangnick aber erkannte das Talent, holte Compper, der mit Freundin Cathrin in Heidelberg wohnt, im Januar 2008 nach Hoffenheim - und nun wird er Nationalspieler. Als Innenverteidiger, denn der TSG-Coach hat ihn umgeschult. Eine Bilderbuch-Karriere. Vom Tribünenhocker in Liga zwei zur Nationalmannschaft. Davon träumt so mancher Jugendspieler.

"Mein Herz schlägt auch für Frankreich", sagt Marvin Compper, der für die deutsche U 17 bis zur U 20 gespielt hat. Wenn er heute sein Debüt feiert, gibt es kein Zurück mehr, dann darf er nur noch für Deutschland spielen. Er wird es sich genau überlegt haben, denn sein früherer Jugendtrainer (in Stuttgart), Frank Leicht, sagt: "Marvin ist intelligent und lernwillig, mit ihm zu arbeiten hat Spaß gemacht."

Der dritte neue Feldspieler, der heute seine Feuertaufe feiern wird, ist der Wolfsburger Marcel Schäfer (24), der 2007 von 1860 München kam. Schäfer, der durchaus von Beginn an spielen könnte, erhält ein Sonderlob von VfL-Coach Felix Magath: "Marcel ist einer, der sich in jedem Training verbessern will." Das muss daran liegen, dass er aus Aschaffenburg stammt. Wie Magath. Und der weiß schließlich, wie man Karriere macht.