Es geht um Energiesparpotenziale bei Kraftwerken, Transport, Industrie und Haushalten.

Den Treibhausgas-Ausstoß zu mindern: Das ist der beste Weg, um Anpassungen an veränderte klimatische Bedingungen nicht zu teuer werden zu lassen. Diese Erkenntnis sei international weitgehend anerkannt, sagt Dr. Hermann Ott vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, mit Blick auf den dritten Teil des Berichts vom Weltklimarat IPCC. Dessen Zusammenfassung soll am 4. Mai in Bangkok präsentiert werden.

Das letzte Drittel der wissenschaftlichen Bestandsaufnahme zum Klimawandel befasst sich mit dem Klimaschutz und ist noch politischer als die Teile eins und zwei. Deshalb ist mit zähen Verhandlungen zwischen Wissenschaftlern und Politikern zu rechnen, die kommende Woche um jede Formulierung des gut 20-seitigen Papiers ringen werden.

Die Hauptthemen stehen fest: die Klimaschutzpotenziale bei Energie, Transport, Haushalten, Industrie, Land- und Forstwirtschaft, Abfallmanagement. Weiter geht es um übergeordnete Maßnahmen, etwa den Technologie-Transfer in Entwicklungsländern, um das Zusammenspiel von nachhaltiger Entwicklung und Klimaschutz, um internationale wirtschaftliche und politische Instrumente (inklusive Steuern und Emissionshandel).

Um den Klimawandel zu mildern, sollte jeder Erdenbürger nicht mehr als zwei Tonnen Kohlendioxid im Jahr verursachen. Dies erreichen die Chinesen; die Deutschen liegen bei gut zehn Tonnen. Ein Minus von 80 Prozent ist also nötig. Es sollte spätestens zur Mitte dieses Jahrhunderts erreicht werden.

Für Deutschland sieht Dr. Manfred Fischedick, Energie- und Verkehrsexperte am Wuppertal Institut, sieben Handlungsoptionen: "Die Energieeffizienz spielt eine Schlüsselrolle." 35 bis 45 Prozent Einsparung ließe sich sofort erzielen, wenn nur die besten Techniken genutzt würden. Diese bessere Ausnutzung der eingesetzten Energie sowie die Reduzierung des Bedarfs seien die Basis für die Optionen erneuerbare Energien, Kernkraft sowie die Abtrennung und Lagerung von CO2 aus Kohlekraftwerken (CCS-Technologie, englisch: Carbon Caption and Storage).

Die erneuerbaren Energieträger hätten das Potenzial, bis 2050 etwa 70 Prozent der Stromversorgung zu übernehmen. Fischedick: "Dazu müssen wir den europäischen Verbund nutzen und Strom aus solarthermischen Kraftwerken in Südeuropa und Nordafrika beziehen." Die Kernenergie sei weltweit mit knapp sieben Prozent Anteil - wenn überhaupt - ein kleiner Baustein des Klimaschutzes. Deutschland sei gut beraten, auf andere Energieträger zu setzen.

Auch beim Einsatz der CCS-Technologie in Deutschland ist Fischedick skeptisch. Sie sei noch zu teuer, stünde nicht vor 2020 in größerem Umfang zur Verfügung und reduziere den Wirkungsgrad der Kraftwerke. Fischedick: Um eine Einheit Strom zu erzeugen, muss 30 Prozent mehr Kohle eingesetzt werden. Betrachtet man den gesamten Prozessweg, so lassen sich bei Steinkohlekraftwerken maximal 68 Prozent der Treibhausgas-Emissionen durch diese Technik vermeiden, bei Braunkohle etwas mehr. Wir bekommen also höchstens CO2-arme Kraftwerke." In China und Indien würde ein Kohlekraftwerk nach dem anderen gebaut, trotz vorhandener Klimaschutz-Strategien. Deshalb sei die Weiterentwicklung der CCS-Technologie erforderlich: "In China entstehen jedes Jahr Kapazitäten von 20 bis 25 Gigawatt. Das entspricht dem deutschen Kraftwerks-Ersatzprogramm für die kommenden Jahrzehnte."

Der Wuppertaler Wissenschaftler macht sich keine Illusionen: "Alle Prognosen deuten darauf hin, dass der globale CO2-Ausstoß weiter wächst. "Um eine Trendumkehr zu schaffen, hilft kein Kleckern, sondern nur Klotzen." Dabei bilde das Kyoto-Protokoll den Rahmen für den internationalen Klimaschutz, betont Kollege Ott. Doch enden die vereinbarten Verpflichtungen 2012.

Nachfolgeregelungen sollten möglichst bis 2009 in trockenen Tüchern sein, damit den Unterzeichnerstaaten drei Jahre Zeit bleibt, um den Vertrag in nationales Recht umzusetzen. Doch dieser Zeitrahmen ist zu knapp, um die USA ins Boot zu holen, fürchtet Ott - genau dies machen viele Entwicklungsländer zur Voraussetzung für eigene Verpflichtungen. Ott: "In den USA sind Ende 2008 Präsidentschaftswahlen. Auch ein wohlmeinender Präsident wird sicher ein Jahr brauchen, um die Potenziale des US-Klimaschutzes auszuloten."

Der Politikexperte bleibt dennoch optimistisch, dass der Prozess weitergeht. Die Reaktionen auf den jüngsten Klimagipfel in Nairobi (Kenia), der im November 2006 nahezu ergebnislos endete, hätten gezeigt, dass Klimaschutz trotzdem nicht auf das Abstellgleis gerät. Ott: "Menschen in vielen Ländern waren empört, dass aus so einer großen Konferenz nichts herauskam und zeigten dies ihrer Regierung - der öffentliche Druck spielt eine große Rolle." Und der hat inzwischen noch zugenommen.

Das wissen auch die Regierungsvertreter, die von kommender Woche an in Bangkok den letzten Teil des IPCC-Berichts verhandeln. Eine Aussage dort hält Fischedick spätestens seit dem Bericht des Ex-Weltbank-Chefökonomen Nicholas Stern im Oktober 2006 für wahrscheinlich: Klimaschutz ist auf globaler Ebene ohne große wirtschaftliche Einschnitte realisierbar. Man muss ihn nur anpacken.