Hamburg bekommt ein Museum für die Schifffahrt. Am 25. Juni wird es eröffnet.

Das älteste erhaltene Hafenbauwerk wird für die Zukunft gerettet, und Hamburg erhält endlich ein eigenes Schifffahrtsmuseum: Die Eröffnung des Internationalen Maritimen Museums Hamburg mit den Beständen der Sammlung Peter Tamm am 25. Juni im eigens dafür komplett sanierten Kaispeicher B ist für Hamburg ein ganz besonderes Datum.

Die Museumslandschaft der Hansestadt wird dadurch enorm bereichert, nicht nur quantitativ, sondern vor allem thematisch: Die Schifffahrtsgeschichte, die bis jetzt in mehreren Museen nur unter lokalen Einzelaspekten dargestellt wurde, ist nun bald in einem großen Panorama zu erleben. Alle großen Schifffahrtsmuseen der Welt - von Greenwich bis Norfolk, von Amsterdam bis St. Petersburg - haben eine nationale Ausrichtung, stellen die Schifffahrts- und Marinegeschichte der jeweils eigenen Nation in den Mittelpunkt. Das von der Stiftung Peter Tamm sen. getragene neue Museum hat dagegen eine viel weiter gefasste Ausrichtung: Hier geht es weder vorrangig um Hamburg oder Deutschland, sondern um die Darstellung der Schifffahrt in einem menschheitsgeschichtlichen Rahmen. Möglich ist das nur, weil diese internationale und umfassende Sichtweise dem Credo des Schifffahrtsexperten und Sammlers Peter Tamm entspricht, der es so formuliert hat: "Schifffahrtsgeschichte ist Menschheitsgeschichte."

Fast sein ganzes Leben lang hat der langjährige Vorstands-Chef des Axel Springer Verlags Zeitzeugenberichte, Dokumente, Objekte, Bilder, Fotos und Modelle zur Schifffahrts- und Marinegeschichte gesammelt - aus allen Zeiten und von allen Nationen. Seit 1991 wird dieser gewaltige Fundus von Tamms Wissenschaftlichem Institut für Schifffahrts- und Marinegeschichte betreut. Seit dieser Zeit waren Teile der Sammlung in und um Tamms Villa an der Elbchaussee 277 aufgestellt - allerdings eben als Sammlung und nicht in einer musealen Präsentation. Neue Perspektiven eröffneten sich, als die Bürgerschaft am 12. Februar 2004 einstimmig beschloss, dass der Kaispeicher B von der Stiftung Peter Tamm sen. saniert und zum Schifffahrtsmuseum umgebaut werden soll. Für die Realisierung dieses ehrgeizigen Projekts bewilligte Hamburgs Parlament den einmaligen Betrag von 30 Millionen Euro.

Und dieses Geld ist für Hamburg gut angelegt, der allergrößte Teil wurde für die Rettung des wunderschönen, allerdings höchst maroden Speichergebäudes ausgegeben. Nach Plänen der Architektin Mirjana Markovic entstand ein faszinierendes Museumsgebäude, in dem der alte Speicher als bedeutendes Bauzeugnis der Hamburger Hafengeschichte erlebbar geblieben ist. Obwohl Eingriffe in die ursprüngliche Gebäudestruktur natürlich unerlässlich waren, bemühten sich Architektin und Stiftung darum, möglichst viele historische Details zu erhalten und für die Zukunft zu sichern. Dabei zeigte sich, dass der 1878/79 von den Architekten Bernhard Jacob Hansen und Wilhelm Emil Meerwein zwischen Magdeburger Hafen und Brooktorhafen errichtete Mehrzweckspeicher ideal als große Bühne für die Inszenierung von 3000 Jahren Schifffahrtsgeschichte geeignet ist.

Hier fanden nicht nur die immensen Bestände der Sammlung Platz, die deren Besitzer in die Stiftung Peter Tamm sen. eingebracht und damit der Öffentlichkeit übergeben hat, hier ließen sie sich auch nach modernsten ausstellungstechnischen Konzepten ebenso ästhetisch wie effektvoll präsentieren. Verteilt auf zehn Böden informiert das Museum mit Modellen, Gemälden, Grafiken und Zeichnungen, Globen, nautischen Geräten und anderen technischen Objekten, mit seltenen Büchern, Schiffsbauplänen, alten Möbeln, Werkzeugen und historischen Dokumenten über alle wichtigen Themen zur Seefahrt. Es geht u. a. um die Entdeckung der Welt, um Navigation und Kommunikation, um die Welt der Segelschiffe, um Schiffbau und das Leben an Bord, um Seeschlachten und Handelsschifffahrt, Tiefseeforschung und Modellschiffe. In der Gemäldegalerie sind Seestücke und Marinegemälde aus fünf Jahrhunderten zu sehen, und in der Schatzkammer werden besonders kostbare Schiffsmodelle präsentiert - darunter Kunstwerke aus Elfenbein, Silber und Gold.

Jahrelang hat ein Team aus Wissenschaftlern und Ausstellungsgestaltern ein Museumskonzept erarbeitet, das den heutigen Sehgewohnheiten der Besucher Rechnung trägt und nicht nur auf konventionelle Weise Wissen vermittelt, sondern Geschichte erlebbar macht. Jedes der zehn Decks hat eigene Schwerpunkte und ist inhaltlich klar gegliedert, sodass der Besucher sehr schnell jene Themen findet, die ihn besonders interessieren. Die Ausstellung im Kaispeicher Bist so groß und vielfältig, dass niemand den Ehrgeiz haben sollte, alles bei einem einzigen Besuch zu sehen. Das Wiederkommen lohnt sich allemal.