Bisher beteuert die CDU-Führung, Althaus müsse Regierungschef bleiben. Doch mit Schwarz-Rot dürfte es dann nichts werden.

Berlin. Es ist ein altes CDU-Gesetz: Wahlverlierer werden bestraft. Ob ausgerechnet Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus, dessen Partei bei der Landtagswahl am Sonntag um fast zwölf Prozentpunkte einbrach, den Verlust der absoluten Mehrheit dennoch politisch überleben kann, ist ungewiss. Die Führung der Thüringer und der Bundes-CDU stellte sich gestern zwar demonstrativ hinter Althaus, doch das muss nicht viel bedeuten. Denn die SPD knüpft eine mögliche Koalition an die Bedingung, dass Althaus geht.

Noch hält die Landes-CDU dagegen. Ohne ihn werde es keine Koalition mit der SPD geben, sagte der Fraktionsvorsitzende Mike Mohring in Erfurt. Die CDU werde "fair und demütig gegenüber dem Wahlergebnis verhandeln", so Mohring zur "Leipziger Volkszeitung". Zwischen den Programmen von CDU und SPD sehe er durchaus Schnittmengen. Keinen Spielraum gebe es jedoch bei der Person Althaus. Bei Koalitionsverhandlungen könne nicht "eine Partei der anderen vorschreiben, mit welchen Personen sie Verantwortung übernehmen darf".

Auch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel schaltete sich ein. "Wir müssen in Thüringen jetzt aufpassen, dass wir nicht alle Regeln außer Kraft setzen", sagte sie dem Sender Antenne Thüringen. Dazu zähle, dass Parteien sich nicht in das Personal anderer Parteien einmischen. Aber auch Merkel weiß, dass die SPD in Thüringen nicht zu einer Koalition mit der CDU gezwungen werden kann. Die Personalie Althaus würde eine mögliche schwarz-rote Koalition in Thüringen verhindern. Schließlich hatte die Landes-SPD einen dezidierten Anti-Althaus-Wahlkampf geführt. Würde sie nun als Juniorpartner in eine Koalition mit dem schwer angeschlagenen Regierungschef eintreten, könnte das die Sozialdemokraten, die vor einem Bündnis unter Führung der Linkspartei noch zurückschrecken, zerreißen.

Der Politik- und Medienberater Michael Spreng sieht zu einem freiwilligen Rückzug von Dieter Althaus denn auch keine Alternative. "Die CDU in Thüringen muss und wird begreifen, dass die Leute ihn nicht mehr wollen", sagte Spreng dem Hamburger Abendblatt. "Es wäre klug, wenn Althaus selbst den Weg frei machen würde, denn mit ihm gibt es keinerlei Regierungsperspektive für die CDU", so Spreng weiter. Und: "Er ist im Bundestagswahlkampf eine Belastung." Zunächst war erwartet worden, die CDU könne an Althaus bis zum 27. September festhalten, um nicht vor der Wahl einen Ministerpräsidenten aufgeben zu müssen. Inzwischen gilt es aber als wahrscheinlicher, dass Thüringens Union an Althaus zunächst nur festhält, um in möglichen Koalitionsverhandlungen mit der SPD überhaupt ein Pfund in der Hand zu haben.

Bisher haben sich in der Thüringer CDU nur Politiker aus der zweiten Reihe für einen personellen Neuanfang ausgesprochen. So war die bisherige Landtagspräsidentin der CDU, Dagmar Schipanski, die Erste, die Kritik am Führungsstil des Ministerpräsidenten äußerte. Auch die ehemalige thüringische Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld, die in Berlin um ein Direktmandat für den Bundestag kämpft, riet ihrer Partei zur Trennung von Althaus.

Führende SPD-Politiker machten gestern jedenfalls erstmals einen Rücktritt des Regierungschefs offen zur Bedingung für eine schwarz-rote Koalition. "Mit Althaus geht es nicht", sagte die stellvertretende Landesvorsitzende Iris Gleicke. Mit Sozialministerin Christine Lieberknecht (CDU) stünde eine potenzielle Nachfolgerin bereit. Die Theologin wird weithin geschätzt.