Kommt Rot-Rot-Grün in Thüringen? Am Montag treffen sich SPD, Linke und Grüne, um über ein Regierungsbündnis zu beraten.

Erfurt. Ein neuer Ministerpräsident ist in Thüringen noch nicht in Sicht – aber die Suche nach einer möglichen Koalition schreitet voran. Linke, SPD und Grüne treffen sich an diesem Montag zur ersten Sondierung für ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis. „Der Termin ist mit beiden Parteien abgestimmt“, sagte Linken-Sprecher Jürgen Spilling am Samstag der Deutschen Presse-Agentur dpa. Der 33 Mitglieder umfassende Parteirat der Grünen hatte erst am Freitagabend mit großer Mehrheit für die Sondierungsgespräche gestimmt. Linke und SPD hatten eine Koalition vom Einstieg der Grünen abhängig gemacht, um eine stabile Mehrheit zu bekommen. Völlig unklar ist aber weiter, wer Ministerpräsident werden könnte.

Der Linke-Landesvorsitzende Knut Korschewsky zeigte sich erleichtert, „dass die Grünen so ein deutliches Zeichen gesetzt haben und nicht mit knapper Mehrheit für Verhandlungen gestimmt haben“. Thüringens SPD-Chef Christoph Matschie sagte der dpa: „Die Entscheidung zeigt, dass die Grünen die politische Verantwortung für die sie gewählt wurden, auch wahrnehmen wollen.“ Sein Ziel sei eine starke handlungsfähige Regierung mit einer ausreichenden Mehrheit im Parlament. „Zügig verhandeln ja, aber keine Wackelkonstruktionen zusammenzimmern, die am Ende nur von begrenzter Haltbarkeit sind.“ Am Montagnachmittag setzt die SPD aber auch ihre Sondierung mit der CDU fort.

In den Reihen der Thüringer Grünen hält sich unterdessen Skepsis über eine mögliche rot-rot-grüne Koalition. „Die Grünen dienen nicht als Feigenblatt für SPD und Linke“, sagte die aus Thüringen stammende Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt dem Radiosender NDR Info. „Die Zockerspiele müssen aufhören, wir brauchen ernsthafte Gespräche.“ Es gebe Bedenken in ihrer Partei. Die Grünen würden sich jedoch einer Sondierung nicht verschließen. Göring-Eckardt bezeichnete den Entschluss des Linken- Spitzenkandidaten Bodo Ramelow, zugunsten einer rot-rot-grünen Regierung auf das Amt des Ministerpräsidenten zu verzichten, als Impuls für eine neue Dynamik in den Verhandlungen. „Hier hat Ramelow ein Signal ausgesandt.“

Die Grünen hatten das Regierungsangebot von Linken und SPD mit großer Skepsis aufgenommen, da die beiden großen Parteien auch ohne den kleinen Partner über eine Mehrheit verfügen. Allerdings ist sie mit 45 zu 43 Sitzen klein. Die Grünen waren bei der Landtagswahl Ende August auf 6,2 Prozent der Stimmen gekommen und ziehen nach 15 Jahren wieder mit 6 Abgeordneten ins Parlament ein. In den Sondierungen wollen sie vor allem klären, wie groß ihr Einfluss in einer Koalition wäre. Landeschefin Astrid Rothe-Beinlich erklärte nach dem Beschluss: „Wir werden uns nicht dafür hergeben, einer Koalition, die sich selbst nicht über den Weg traut, eine Mehrheit zu sichern.“ Größtes Hindernis für das linke Bündnis ist die Festlegung von SPD und Grünen, den Linke-Spitzenkandidaten Ramelow nicht zum Ministerpräsidenten zu wählen, obwohl seine Partei mit mehr als 27 Prozent stärker abschnitt als SPD und Grüne zusammen. Ramelow hat inzwischen seinen Verzicht in Aussicht gestellt, um das Bündnis nicht zu gefährden. Für das Amt des Ministerpräsidenten waren in den vergangenen Tagen immer wieder Kompromisskandidaten ins Spiel gebracht worden, unter anderem der parteilose Sprecher der Initiative für mehr Demokratie, Ralf Uwe Beck, Göring-Eckardt sowie die ehemalige SPD- Bundespräsidentenkandidatin Gesine Schwan. Echte Chancen waren aber kaum jemanden von ihnen eingeräumt worden.

Unterdessen warf die Thüringer FDP den Grünen vor, ihre Wahlversprechen zu brechen. „Die Grünen in Thüringen werfen aus Machtgier sämtliche Prinzipien und Bürgerrechtstraditionen über Bord“, erklärte der FDP-Spitzenkandidat Patrick Kurth. Mit Blick auf die Koalitionsbildung nach der Bundestagswahl fügte er hinzu: „Von Erfurt nach Berlin ist kein langer Weg.“ Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sprach von einer „unappetitlichen Debatte“ in Thüringen. Dieses Bild von Rot-Rot-Grün müsse jeden Wähler „regelrecht an die Wahlurne treiben“, um ein solches Projekt zu verhindern.