Guido Westerwelle sieht Deutschland in der EU isoliert. Union und SPD widersprechen. Kanzlerin Angela Merkel bekennt sich zur Wehrpflicht.

Berlin. Zwei Monate vor der Bundestagswahl droht die Wehrpflicht zum Konfliktfall für eine mögliche schwarz-gelbe Koalition zu werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte noch beim traditionellen Gelöbnis zum Jahrestag des gescheiterten Hitler-Attentats vergangene Woche gesagt: "Ich bekenne mich zur Wehrpflicht." Sie sei eine "wichtige Klammer zwischen Gesellschaft und Streitkräften".

FDP-Chef Guido Westerwelle verstärkte dagegen drastisch seine Forderung nach einer Abschaffung der Wehrpflicht. Sie sei "ungerecht, sie ist für unsere Sicherheit nicht nötig und eine Schikane für unsere jungen Männer", sagte Westerwelle gestern in Berlin. Zudem sei Deutschland in der EU und auch in der Nato mit der Wehrpflicht inzwischen klar in der Minderheit. Westerwelle monierte zudem, dass von einem Jahrgang nur noch 15 Prozent tatsächlich Dienst bei der Bundeswehr leisten müssten. Mittlerweile würden fast 50 Prozent der jungen Männer ausgemustert. Der parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt (CSU), verwies dagegen im ZDF auf die Probleme anderer Nato-Länder, die die Wehrpflicht bereits abgeschafft haben. In Spanien hole man "zwischenzeitlich Leute, die zu Bewährungsstrafen verurteilt sind, und die können dann Straferlass bekommen", sagte Schmidt.

Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs, Mitglied im Verteidigungsausschuss, wies Westerwelles Vorstoß als "Wahlkampfmanöver" zurück. "Die Wehrpflicht sorgt dafür, dass wir in der Truppe einen Mix aus allen Bildungsschichten haben. Das ist wichtig für die Bundeswehr", sagte Kahrs dem Abendblatt. "Andere Länder mit reinen Berufsarmeen haben diesbezüglich zum Teil erhebliche Probleme. 20 Prozent der Mannschaftssoldaten bei Auslandseinsätzen sind bei uns freiwillig länger dienende Wehrpflichtige. Allerdings wäre es richtig, zunächst diejenigen einzuziehen, die das auch wirklich selber wollen."