Es rumort in der Bundeswehr. Die Auslandseinsätze sorgen für Unmut. Einige beschweren sich nur über die Schlafsäcke, andere fürchten die Feuergefechte in Afghanistan.

Berlin. Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan hat in seltener Offenheit das mangelhafte Verantwortungsbewusstsein von Soldaten für den Staat und die Kommunikation innerhalb der Bundeswehr kritisiert. Bei einer Veranstaltung des Bundeswehrverbandes sagte der Vier-Sterne-General, viele Soldaten „jammern auf hohem Niveau“. Zugleich stellte er die Frage, ob „die richtigen Leute in der Bundeswehr Spieß und Chef sind“ und noch „die Binnenkommunikation stimmt“.

Die Bundeswehr müsse darauf achten, dass Kommunikation eine Schlüsselkompetenz sei. Es gebe so viele Zuständigkeiten, dass sich „keiner mehr so richtig zuständig fühlt“. Schon am Vorabend hatte er beim Empfang des Wehrbeauftragten des Bundestags, Reinhold Robbe, eine Haltung von Soldaten beklagt, dass sie dem Land nur dienen wollten, wenn ein „Rundum-Wohlfühlangebot mit Erfolgserlebnis“ garantiert werde. Die Bereitstellung ungeeigneter Schlafsäcke im Kongo-Einsatz etwa sei womöglich von medialem Interesse, sollte aber „keine parlamentarische Betroffenheit auslösen“. Einem Berufssoldaten, der sich über den dritten Auslandseinsatz beklage, solle man deutlich sagen, dass es keine Abhilfe geben werde – denn das sei sein Beruf. Politiker und Institutionen eröffneten aber Soldaten ein „Überangebot“ an Problemlösungen und so einen „Fluchtweg aus eigener Verantwortung“.

Der Deutsche Bundeswehrverband, die größte Vertretung der Soldaten, veranstaltet einmal im Jahr das sogenannte Parlament der Wehrpflichtigen. Rund 50 Wehrdienstleistende aus allen Bundesländern diskutieren mit Politikern und Generalen. Zwei Wehrpflichtige beklagten, die Bundesregierung könne den Sinn des Afghanistan-Einsatzes nicht vermitteln. Es sei „erbärmlich“, dass sie die Soldaten nur mit Geld dafür motivieren könne.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sagte: „Wir müssen die Risiken an den Quellen beseitigen, bevor sie in größeren Dimensionen Deutschland erreichen. Das müssen wir noch mehr vermitteln.“ Der Minister warb um mehr Unterstützung der deutschen Bevölkerung für die Militärmission. Die Soldaten in Afghanistan hätten zunehmend mit Hinterhalten von Aufständischen zu kämpfen. Ebenso müssten sie sich Feuergefechten stellen.

Robbe sagte, die Soldaten wünschten sich „nichts sehnlicher“ als die Würdigung ihrer Leistung in der Bevölkerung. Er berichtete, noch nie habe er die Situation in dem Einsatz am Hindukusch „so schlimm erlebt“ wie jüngst bei seinem Besuch der Soldaten im nordafghanischen Kundus. Die Soldaten hätten ihm gesagt: „Wir bauen hier im Moment keine Brücken und bohren keine Brunnen. Herr Wehrbeauftragter, wir befinden uns hier im Krieg.“ Robbe zufolge ziehen „blutjunge Männer“ ins Gefecht. Minister Jung kündigte die erstmalige Vergabe der neuen Tapferkeitsmedaille der Bundeswehr für Anfang Juli und die Einweihung des Ehrenmals in Berlin für spätestens Anfang September an.