Die Landesämter für Verfassungsschutz geben einige Befugnisse ab. Nordländer wehren sich gegen Fusionsvorschlag des Innenministers.

Berlin. Nach den Pannen bei den Ermittlungen gegen die rechtsextreme Mordserie will die Bundesregierung den Verfassungsschutz effizienter aufstellen. Die Zusammenarbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz mit den 16 Landesbehörden soll inhaltlich und strukturell einer Erneuerung unterzogen werden. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will vor allem Kompetenzen der Länder an den Bundesverfassungsschutz übertragen. Bisher sammle jedes Landesamt die Informationen und gebe sie nach eigener Bewertung an den Bundesverfassungsschutz weiter, sagte er. Künftig sollen die von Ländern gesammelten Informationen dem Bundesamt ohne weitere Bewertung und Auswahl zur Verfügung gestellt werden. Darüber müsse allerdings die Innenministerkonferenz entscheiden, räumte er ein.

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Das Bundesamt müsse auch bei der Bekämpfung des rechten Terrors "klar Federführung" erhalten, begründete Friedrich sein Vorhaben. Der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Wolfgang Bosbach (CDU), forderte ein länderübergreifendes Zusammenlegen von Verfassungsschutzämtern. "Bei kleineren Ländern kann ich mir vorstellen, dass man die Ämter zusammenlegt oder ein Amt für mehrere Bundesländer schafft, um die Aufgabe möglichst effizient wahrnehmen zu können", sagte er und nannte auch Hamburg als mögliches Fusionsland.

Im Norden wurde der Vorschlag zurückgewiesen. Manfred Murck, Leiter des Hamburger Landesamts für Verfassungsschutz, sagte dem Abendblatt: "Eine Fusion mehrerer Verfassungsschutzämter bedeutet ja nicht einfach ein bisschen Umorganisation." Es müsse politisch geklärt werden, wer eigentlich das neue Amt wie und wo kontrolliert. "Der Verfassungsschutz ist sehr dicht an die politische Führung gebaut und wird vor allem von parlamentarischen Kommissionen kontrolliert. Es müsste also ein länderübergreifendes Verfassungsschutzgesetz gemacht werden, in dem auch geklärt wird, wie diese Parlamentsausschüsse zusammengesetzt sein sollen und wie die Regierungen ihre Anweisungsbefugnisse aufteilen."

Aus seiner Sicht wäre es wichtig, "dass die bestehenden Landesämter personell und technisch so ausgestattet sind, dass sie ihren Aufgaben vernünftig nachkommen können. Vielleicht wäre das Setzen von Mindeststandards effektiver als Umorganisationen, die viel Energie kosten", so Murck.

Man könne das Thema Zusammenlegung ja trotzdem prüfen, sagte der Amtsleiter weiter. Allerdings wäre ein eventueller Zugewinn für Hamburg bei einer Fusion eher gering bis negativ. "Denn im Stadtstaat arbeiten wir ja sehr effizient. Unsere V-Mann-Führer oder Observationsgruppen fahren kurze Wege. Bei einer Fusion mit einem Flächenland wäre die Arbeit offenkundiger zeitaufwendiger und somit teurer. Zudem kooperieren wir bereits miteinander im Norden in vielen Bereichen, sowohl durch wechselseitige Unterstützung als auch im Bereich der technischen Ausstattung. Eine Umorganisation würde kaum etwas bringen."

Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie (CDU) warnte: "Sogenannte Mammutbehörden bieten keine Gewähr, dass Informationen nicht verloren gehen", sagte er dem Abendblatt. Und selbst wenn es nur noch einen Bundesverfassungsschutz gäbe, müsste er zwingend "Außenstellen" in den Ländern haben. Aus all diesen Gründen gelte für Schleswig-Holstein: "Eine Zusammenlegung des schleswig-holsteinischen Verfassungsschutzes mit einem oder mehreren anderen Landesämtern kommt nicht in Betracht."

Als "unerlässlich" für die Sicherheitsarchitektur bezeichnete der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) eine enge Zusammenarbeit der Verfassungsschutzämter. Die Zusammenlegung von Verfassungsschutzämtern der Länder zu drei oder vier Großbehörden sei allerdings wenig sinnvoll, sagte er dem Abendblatt. "Diese Mammutbehörden können nicht kontrolliert werden. Es ist sinnvoll, die regionalen Besonderheiten auch von einer örtlich ansässigen Landesverfassungsschutzbehörde beobachten zu lassen."

Grundsätzlich sei Niedersachsen für Gespräche offen, ob zum Beispiel bestimmte Dienstleistungen - in dem Fall für Bremen - übernommen werden könnten. Zugleich betone er, dass Norddeutschland vorbildlich sei, was den Informationsaustausch angehe. "Auf Initiative Niedersachsens werden aus den Informationen des Staatsschutzes der Polizei und denen des Verfassungsschutzes gemeinsame Lagebilder, insbesondere für den Bereich Rechtsextremismus erstellt. Aus der Analyse ergeben sich dann eben auch gemeinsame Handlungsfelder."

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) nannte die Fusionsidee "unsachlich und ungeeignet". Er lehne sie deshalb ab. Er habe als Innenminister politische Verantwortung für die innere Sicherheit - für Polizei und Verfassungsschutz - im Land. "Ich kann mir daher nicht vorstellen, wie das funktionieren soll, wenn der Verfassungsschutz abgekoppelt würde. Und ich kann auch nicht erkennen, wie dadurch die notwendige engere Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz verbessert werden soll."