Innenminister spricht von “Rechtsterrorismus“. Neue Festnahme bei Hannover

Berlin/Hamburg. Nach der deutschlandweiten Mordserie an neun Ausländern und einer Polizistin haben Ermittler gestern in der Nähe von Hannover einen mutmaßlichen Komplizen des Neonazi-Trios festgenommen, das nach Ermittlungen der Polizei für die sogenannte Dönermord-Serie verantwortlich ist. Holger G., 37, werde dringend verdächtigt, wie die anderen drei Rechtsextremisten Mitglied der terroristischen Vereinigung Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zu sein, sagte Bundesanwalt Rainer Griesbaum. Der Festgenommene soll dem Trio Ausweise zur Verfügung gestellt haben.

Schon vor der Festnahme waren die Ermittler davon ausgegangen, dass Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Z., gegen die der Bundesgerichtshof in Karlsruhe gestern am späten Abend Haftbefehl erließ, Unterstützer hatten. Die Männer verübten vor zehn Tagen nach einem Banküberfall Selbstmord, die 36-Jährige stellte sich. Zuvor hatte sie die gemeinsame Wohnung in Zwickau gesprengt. In den Trümmern wurden die bei der Mordserie verwendete Pistole und die Waffe der erschossenen Polizistin aus Heilbronn gefunden, zudem DVDs mit einem Propagandafilm. Darin bekennen sich die Männer zur Mordserie und zu einem Bombenanschlag 2004 in einer von vielen Türken bewohnten Straße in Köln.

Das Trio war bereits 1997 ins Visier der Ermittler geraten, blieb jedoch unbehelligt von den Behörden. Das sei "sehr ungewöhnlich", sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Er sprach erstmals von "Rechtsterrorismus". Politiker fordern Aufklärung über die Rolle von Polizei und Verfassungsschutz in dem Fall. Mit ihm soll sich auch das Kontrollgremium des Bundestags für die Geheimdienste befassen. Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) sagte dem Abendblatt, bei der Innenministerkonferenz werde erörtert werden müssen, warum die Täter jahrelang im Untergrund agieren konnten. Manfred Murck, Chef des Hamburger Verfassungsschutzes, sagte, seine Behörde prüfe, ob es Verbindungen der Gruppe in die Hansestadt gebe.

Sicherheitskreise vermuten, das Trio könne vom Verfassungsschutz eine neue Identität erhalten und als Verbindungsleute in der rechten Szene geführt worden sein. Die "Bild"-Zeitung berichtet, in dem in Zwickau explodierten Haus wurden "legale illegale Papiere" der Verdächtigen gefunden. Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: "Solche Papiere erhalten im Regelfall nur verdeckte Ermittler, die im Auftrag des Nachrichtendienstes arbeiten und vom Nachrichtendienst geführt werden."