Die Wehrpflicht soll zum Freiwilligendienst werden, die Bundeswehr kleiner, aber besser: Guttenbergs Vorschlag sorgt für Diskussionen.

Berlin. 80.000 Soldaten weniger, Wehrpflicht als Freiwilligendienst : Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will, dass die Bundeswehr kleiner, aber besser wird. Das sagte er nach einer Unterrichtung der Fachpolitiker von Union und FDP am Montag in Berlin. Die Empfehlung seines Hauses sei „tatsächlich das sogenannte Modell 4“, sagte er.

Fünf Modelle hat der Verteidigungsminister vorgestellt. Modell 4 sieht 156.000 Zeit- und Berufssoldaten sowie 7.500 freiwillig Wehrdienstleistende vor. Zusammen mit einigen anderen Stellen wie etwa der Flugbereitschaft käme die Bundeswehr auf 165.000 bis 170.000 Soldaten. Derzeit umfasst sie etwa 250.000 Angehörige. Davon sind 195.000 Zeit- und Berufssoldaten, der Rest sind Wehrdienstleistende.

Guttenberg erklärte erneut, die Wehrpflicht solle zwar nicht abgeschafft, aber ausgesetzt werden. „Wir können durch einen attraktiven Dienst Menschen dazu bewegen, auch freiwillig zur Bundeswehr zu kommen“, sagte er. Der Minister versicherte wieder, es werde keine Bundeswehr nach Kassenlage geben. Es gehe nicht nur um das Erreichen von Sparzielen, sondern um die Sicherheit des Landes. Doch er fügte hinzu, auch mit dem Modell 4 habe er „die Möglichkeit, ganz erhebliche Entlastungen zu schaffen“.

Nach der Sitzung erklärten die Vertreter von FDP und Union allerdings zwei völlig verschiedene Modelle zu ihren Favoriten. Die FDP präferierte auch das Modell 4. Die Union bevorzugte dagegen Modell 5 mit insgesamt 210.000 Soldaten, davon 30.000 Wehrpflichtige.

Die FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff sagte, dass ihre Fraktion Anfang September über die Details diskutieren werde, doch man sei auf dem richtigen Weg. Bei Modell 4 gebe es die „größte Schnittmenge“ zu den Vorstellungen der FDP, vor allem da hierbei die Wehrpflicht ausgesetzt werde. Der CDU-Verteidigungspolitiker Ernst-Reinhard Beck betonte erneut, dass die Wehrpflicht „fester Bestandteil der Unionsprogrammatik“ sei. Allerdings käme die Frage der Wehrform erst nach der Frage, welche „zukunftsfähigen Strukturen für die Sicherheitsvorsorge“ notwendig seien. Für Beck wäre auch eine Bundeswehr mit 200.000 minus x Soldaten denkbar.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Guttenberg die „konstruktive Begleitung“ bei der Umsetzung seines Modells zugesagt. In einem Video-Interview mit der Madsack Mediengruppe in Berlin stellte sie klar: „Ich möchte unsere Mitglieder mitnehmen auf einen Weg. Und diesen Weg gemeinsam mit dem Verteidigungsminister zu gehen, bin ich willens.“

+++ Ministerin Schröder schlägt freiwilligen Zivildienst vor +++

Die SPD im Bundestag warf Guttenberg vor, die Bundeswehr kaputt zu sparen. Die verteidigungspolitischen Sprecher Rainer Arnold und Hans-Peter Bartels begrüßten zwar die Übernahme der SPD-Idee eines freiwilligen Wehrdienstes. Doch statt die Zukunftsaufgaben der Bundeswehr zu erklären, wolle Guttenberg „einfach nur sparen“. Sie verwiesen auf die notwendige Abstimmung mit EU und NATO und betonten: „Wir Sozialdemokraten wollen keine reine Interventionsarmee.“

Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte die konsequente Abschaffung der Wehrpflicht. Dadurch könnten Wehrerfassung, Musterungsapparat, Ausbilder, insgesamt 45.000 Personen eingespart werden. Die Bundeswehr müsse sinnvoll umstrukturiert und gestrafft werden. „Für die Kanzlerin muss das jetzt heißen, Entscheidungen zu treffen“, sagte Künast.

Die Linkspartei dagegen forderte „die strukturelle Nichtangriffsfähigkeit der Bundeswehr“. Guttenberg plane eine „immer kriegsführungsfähigere Bundeswehr“, sagte das Parteivorstandsmitglied Tobias Pflüger. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jan van Aken ergänzte, es sei längst überfällig, die Wehrpflicht anzugehen: „Aber erst die Abschaffung wäre konsequent.“