Der Bundespräsident will sich heute ebenso erklären wie Bundeskanzlerin und Parteifreundin Angela Merkel.

Berlin/Hannover. Gut zwei Monate nach Beginn der Debatte um seine Person könnte Christian Wulff heute womöglich doch noch seinen Rücktritt bekannt geben. Für 11 Uhr hat der Bundespräsident eine Erklärung im Schloss Bellevue angekündigt. Das teilte das Bundespräsidialamt am Freitag in Berlin mit.

Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich eine halbe Stunde später im Bundeskanzleramt erklären. Dies teilte das Bundespresseamt am Freitag in Berlin mit. Die Kanzlerin wollte eigentlich zu einer Reise nach Italien aufbrechen, um 12.15 Uhr war ursprünglich ein Gespräch mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti geplant.

Wulff steht unter massivem Druck, weil die Staatsanwaltschaft in Hannover gegen ihn ermitteln will. In der schwarz-gelben Koalition wurde ein Rücktritt des Staatsoberhaupts nicht mehr ausgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft Hannover hatte nach einer Mitteilung von Donnerstagabend beim Bundestag die Aufhebung der Immunität beantragt, um gegen Wulff wegen Vorteilsnahme und -gewährung ermitteln zu können.

+++ Die Vorwürfe gegen Christian Wulff +++

+++ Die Mitteilung der Staatsanwaltschaft im Wortlaut +++

+++ Entscheidung des Bundestages noch in diesem Monat? +++

Staatsrechtler Christian von Pestalozza von der Freien Universität Berlin empfiehlt, Wulff sollte sein Amt ruhen lassen, falls gegen ihn ermittelt wird. Für einen Rücktritt mit Verweis auf die drohende Beschädigung der Würde des Amtes sei die Frist eigentlich schon verstrichen, sagte er der dapd am Freitagfrüh. Einen rechtlichen Zwang zur Rücktritt gebe es nicht.

Allerdings würden Politik und öffentliche Meinung wohl davon ausgehen, dass Wulff "nicht mehr in der Lage ist, das Amt mit der Autorität auszuüben, die das Amt verlangt“. Sollte die Immunität aufgehoben werden, sei der Bundespräsident "wie jedermann der Justiz ausgeliefert“.

Im ARD-"Morgenmagazin“ forderte Grünen-Chefin Claudia Roth Kenzlerin Merkel aufgefordert, zur Situation von Wulff Stellung zu beziehen. Die Kanzlerin könne nicht schweigen in einer Situation, in der das höchste und wichtigste Amt im Staate in einem unvorstellbaren Maße an Autorität und Respekt verloren habe, sagte Roth.

Den Bundespräsidenten forderte Roth auf, sein Amt ruhen zu lassen. Sie sprach sich dafür aus, dass der Immunitätsausschuss des Bundestags Wulffs Immunität schnell aufhebe, damit die Staatsanwaltschaft zügig ermitteln könne. "In dieser Zeit glaube ich, dass Herr Wulff definitiv sein Amt ruhen lassen muss.“

+++ Leitartikel: Zeitpunkt verpasst +++

+++ Christian Wulff im Umfragetief: Deutschland will den Rücktritt +++

Der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, bekräftige die Forderung: "Deutschland kann nicht von jemandem vertreten werden, gegen den solche Ermittlungen laufen“, sagte er im Deutschlandfunk. Etwa sei eine in der kommenden Woche geplante Gedenkveranstaltung mit Wulff für die Opfer des Neonazi-Terrors unmöglich. "Das ist unter diesen Bedingungen schlechterdings nicht vorstellbar.“

Mit Material von dpa, rtr und dapd