Die Sozialdemokraten wollen weiterhin auch mit der Linkspartei Gespräche führen. Die Nachfolgefrage von Dieter Althaus ist noch völlig offen.

Berlin. Der Rücktritt von Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) war gestern erst seit ein paar Stunden bekannt, als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sich die SPD in Thüringen vornahm und zu Verhandlungen über eine schwarz-rote Koalition aufforderte. Damit sei für die Sozialdemokraten nun der Weg frei für "ernsthafte Gespräche" zwischen CDU und SPD über eine Regierungsbildung in Thüringen, sagte Merkel bei einem Termin in Freiburg. Es gebe für die Sozialdemokraten "jetzt keine Ausrede mehr" dafür, keine Koalitionsverhandlungen zu beginnen.

Tatsächlich hatte die SPD es am Tag zuvor zur Bedingung gemacht, dass Althaus gehen müsse, wenn es zu einer Großen Koalition im Freistaat kommen solle. Doch Landeschef Christoph Matschie ließ es gestern weiter offen, ob er eine Koalition mit der CDU oder den Linken eingehen will. Die Sondierungsgespräche sollen heute beginnen, die SPD will sowohl mit der Linkspartei als auch mit der CDU Möglichkeiten für ein Bündnis ausloten. Es gebe keine Präferenz für eine bestimmte Koalition.

Doch als Hürde für Rot-Rot gilt, dass die SPD den Linken-Spitzenkandidaten Bodo Ramelow nicht zum Ministerpräsidenten wählen will, obwohl dessen Partei bei der Wahl deutlich besser abgeschnitten hatte. Der Bundestagsfraktionschef der Linken, Gregor Gysi, machte gestern erneut klar, dass das mit seiner Partei nicht zu machen sei: "Entscheidet die SPD sich für ein rot-rotes Regierungsbündnis, dann kann der künftige Ministerpräsident nur von der Linken bestimmt werden", so Gysi. Im Unterschied zur Annahme der SPD seien ihre Wähler "nicht doppelt so viel wert" wie die Linken-Wähler. "Auf jeden Fall würden wir dies nicht akzeptieren." Ramelow hatte zuvor gesagt: "Wir gehen ohne Vorbedingungen in die Gespräche. Und ohne Vorbedingungen heißt: ohne Vorbedingungen."

SPD-Chef Franz Müntefering verwies in einer Stellungnahme auf die Stimmenverluste der CDU bei der Landtagswahl vom Sonntag. "Insofern ist sein Rücktritt logisch", sagte er. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier forderte die CDU auf, rasch zu klären, wer die Sondierungsgespräche in Thüringen führen werde. Die Amtsgeschäfte von Althaus soll die stellvertretende Ministerpräsidentin und Finanzministerin Birgit Diezel (CDU) übernehmen. Sie hatte Althaus bereits nach dessen schwerem Skiunfall am Jahresanfang für mehrere Monate vertreten. Doch für die potenzielle Nachfolge des Ministerpräsidenten gibt es mehrere Kandidaten. So werden auch die Namen von Fraktionschef Mike Mohring und - besonders häufig - Sozialministerin Christine Lieberknecht genannt. Lieberknecht und Althaus kennen sich lange.

"Wir werden sicherlich mehrere Tage brauchen, um diese Frage zu klären. Die Rücktrittserklärung von Dieter Althaus kam für uns ja völlig überraschend", sagte die innerparteilich einflussreiche Landtagspräsidentin Dagmar Schipanski dem Abendblatt. Sie selbst wolle sich an Personalspekulationen nicht beteiligen. "Über den Landesvorsitz entscheidet ohnehin ein Landesparteitag."