Dieter Althaus' Skiunfall überlagerte die wichtigen Wahlkampfthemen. Die Koalitionsspielchen gehen nach der Wahl erst los.

Erfurt/Hamburg. Ein tödlicher Skiunfall, ein Ministerpräsident vor dem Verlust der absoluten Mehrheit, ein Auto-Standort am Abgrund, Diskussionen um das rot-rote Gespenst und den ersten Regierungschef der Linken – das sind die dramatischen Ingredienzen der Landtagswahl in Thüringen an diesem Sonntag. Dass die CDU im Land nach zehn Jahren Alleinherrschaft ihre absolute Mehrheit verlieren dürfte, wird kaum noch für Überraschungen sorgen. Ministerpräsident Dieter Althaus wird aller Voraussicht nach nur noch mit Hilfe der FDP oder SPD regieren können.

Dies ist angesichts der rot-roten Planspiele, die den Wahlkampf-Endspurt mächtig angeheizt haben, allerdings fast zur Nebensache geworden. In der Öffentlichkeit wird vor allem eine Frage diskutiert: Ist in Erfurt auch ein Bündnis von SPD, Linkspartei und Grünen möglich? Die thüringische SPD wird nach Worten ihres Spitzenkandidaten Christoph Matschie keinen Ministerpräsidenten der Linken wählen. „Wir haben eine Variante ausgeschlossen: Das ist ein Ministerpräsident der Linken. Das wird es mit unseren Stimmen nicht geben, weil wir das nicht für verantwortbar halten“, bekräftigte Matschie im ZDF-Morgenmagazin. Auf andere Koalitionsmöglichkeiten legte er sich nicht fest. „Alle anderen Konstellationen, die müssen möglich sein nach der Wahl. Wir werden entscheiden, wenn das Wahlergebnis da ist.“

Bei der Wahl 2004 hatte die CDU ihre absolute Mehrheit mit 43 Prozent noch knapp verteidigt. In den letzten Umfragen lag die Partei bei maximal 34 Prozent. Althaus spricht deshalb nur noch davon, dass er eine „Gestaltungsmehrheit“ erreichen und Rot-Rot verhindern will.

Zwar könnten SPD, Linkspartei und Grüne rein rechnerisch eine Koalitionsmehrheit zusammenbekommen. Allerdings liegt die Linke mit bis zu 25 Prozent in allen Umfragen klar vor der SPD, die auf maximal 20 Prozent käme. Die Grünen müssen um den Einzug in den Landtag bangen. Der linke Spitzenkandidaten Bodo Ramelow bekräftigte in einem Interview den Anspruch der Linkspartei auf den Ministerpräsidentenposten: „Wir sind der Koch, die SPD ist der Kellner.“ An anderer Stelle schloss Ramelow nicht aus, dass seine Partei einen SPD-Regierungschef mitwähle, selbst wenn die Linken bei der Wahl vorne lägen.

Die Union lässt keine Gelegenheit aus, um vor einer rot-roten Gefahr zu warnen. Zwar lässt sich Althaus ebenso wie sein Kontrahent Matschie vor der Wahl nicht zu Koalitionsaussagen hinreißen. Am liebsten würde die CDU aber wohl die FDP mit ins Boot holen. Denkbar ist auch eine Wiederauflage der Großen Koalition, die in Thüringen schon einmal von 1994 bis 1999 regierte, damals unter Althaus’ Amtsvorgänger Bernhard Vogel (CDU).

Althaus steht seit sechs Jahren an der Spitze des Landes. Als Landesvater ist der 51-Jährige nach wie vor beliebt. Daran hat auch der schwere Skiunfall am Neujahrstag in Österreich nichts geändert. Dennoch überschattet der Unfall den Wahlkampf. Althaus war auf einer Skipiste mit der Mutter eines kleinen Kindes zusammengestoßen, die dabei starb. Der selbst schwer am Kopf verletzte Althaus wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt und ist erst seit April wieder politisch aktiv.

Während sich die Opposition an ihre Zusage hielt, den Skiunfall vor der Wahl nicht auszuschlachten, machte Althaus das Ereignis wiederholt selbst in den Boulevardmedien zum Thema und brachte damit die politischen Gegner gegen sich auf. SPD und Linke sprachen von „schamloser Selbstinszenierung“ und warnten davor, den Unfall im Wahlkampf zu instrumentalisieren.