Das Blitzurteil gegen Dieter Althaus ist überwiegend auf Kritik gestoßen. Auch Österreichs Strafverteidiger bemängelten in dem Verfahren wegen des tödlichen Ski-Unglücks eine Sonderbehandlung des Ministerpräsidenten Thüringens.

Hamburg/Wien. Das schnelle Urteil gegen Thüringens Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU) hat für heftige Diskussionen gesorgt. "Ich bin befremdet über die Art des Gerichtsverfahrens. Ich wusste nicht, dass es in der österreichischen Justiz Turboverfahren gibt. Das macht mich sprachlos", sagte der Spitzenkandidat der thüringischen Linken, Bodo Ramelow, dem "Hamburger Abendblatt".

Kritische Töne an dem überraschend schnellen Verfahren kamen auch von der Vereinigung der österreichischen Strafverteidiger: Im Fall Althaus sei "praktisch totes Recht" angewandt worden, erklärte ein Sprecher. Das Justizministerium in Wien wies den Vorwurf einer "VIP-Behandlung" für Althaus zurück.

Seine thüringischen CDU-Parteifreunde reagierten erleichtert auf das Urteil: Althaus sei nach dem Schuldspruch politisch unbelastet und werde die Partei in den Landtagswahlkampf führen, sagte Fraktionschef Mike Mohring. Ramelow erklärte, er frage sich, ob die Justiz bei normalen Bürgern in Österreich genauso gehandelt hätte wie bei dem thüringischen Ministerpräsidenten. "Diese seltsamen Verfahrensumstände kann ich aber nicht Dieter Althaus anlasten", betonte er. Dieser war vom Bezirksgericht im steirischen Irdning in einer weniger als einstündigen Verhandlung und in Abwesenheit zu einer Geldstrafe von 33 300 Euro und zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 5000 Euro an die Angehörigen der bei seinem Ski-Unfall getöteten Frau verurteilt worden.

Das gestern Abend verkündete Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, weil sich der Staatsanwalt Bedenkzeit erbat "Die Staatsanwaltschaft hat nach der Urteilsverkündung bis zu drei Tage Zeit, um Einspruch einzulegen", sagte Gerichtssprecherin Sabine Anzenberger vom Landesgericht Leoben. Spätestens am Freitagabend werde deshalb klar sein, ob das Urteil Rechtswirkung entfache.

Der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Gehb, räumte ein, dass es sich um ein "atypisch schnelles" Verfahren gehandelt habe. "Aber nun ist es vorbei. Das ist doch gut", sagte Gehb der "Mitteldeutschen Zeitung". Der Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Andreas Schmidt (CDU), erklärte, in den Rechtsstaat Österreich könne man "großes Vertrauen haben".

Der Sprecher der österreichischen Strafverteidiger, Richard Soyer, argumentierte, die bei Althaus angewendete Verfahrensregel sei für ganz andere Fälle geschaffen worden und inzwischen "praktisch totes Recht". Es handele sich um eine "in Österreich keineswegs übliche Vorgangsweise", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Das Vorgehen sei zwar nicht rechtswidrig, "aber dem Ansehen der Justiz in Österreich eher abträglich". Man dürfe nicht den Eindruck gewinnen, es werde blitzschnell in geheimen Kammern verhandelt.

Das österreichische Justizministerium wies die Kritik an dem Schnellverfahren zurück. "Alle Vorwürfe in diesem Zusammenhang sind nicht stichhaltig. Ein solches Verfahren ist nicht außergewöhnlich, sondern ein vollkommen normaler Vorgang", sagte ein Wiener Ministeriumssprecher dem "Münchner Merkur". Ein Bezirksgericht könne eine Hauptverhandlung unmittelbar nach Eröffnung der Anklage ansetzen: "Das ist keine VIP-Behandlung."

Mit dem Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung ist Althaus auch in Deutschland vorbestraft, sobald das Urteil rechtskräftig ist. Er werde in das Bundeszentralregister aufgenommen, teilte das Bundesjustizministerium mit. . In Althaus’ Führungszeugnis werde die Verurteilung aber nicht auftauchen, da die Strafzumessung die entsprechende Grenze unterschreite.

Erleichtert über das Urteil zeigte sich Althaus’ Amtsvorgänger Bernhard Vogel (CDU). Damit sei "dieser Teil des tragischen Unfalls abgeschlossen", sagte er dem Mitteldeutschen Rundfunk. Das Unglück sei kein Grund, Althaus’ Amt oder seine Kandidatur in Frage zu stellen. CDU-Fraktionschef Mohring hält den Ministerpräsidenten für politisch unbelastet. "Dieter Althaus wird für uns den Wahlkampf führen, weil er weitere fünf Jahre Ministerpräsident in Thüringen sein möchte", sagte er dem Sender N24. Am 14. März soll Althaus erneut als Spitzenkandidat nominiert werden.