Als “besorgniserregend“ hat der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, den Mordanschlag auf den Passauer Polizeichef gestern bezeichnet.

Berlin. Als "besorgniserregend" hat der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, den Mordanschlag auf den Passauer Polizeichef gestern bezeichnet. Ziercke erklärte, man beobachte bereits seit einigen Monaten, dass Rechtsextremisten Polizeibeamten gegenüber "sehr aggressiv" aufträten.

Konrad Freiberg, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), kann das nur bestätigen. Die 1.-Mai-Demonstration 2008 in Hamburg sei eine Art Wendepunkt gewesen, meinte Freiberg gegenüber dem Hamburger Abendblatt. Dort seien drei- bis fünfhundert schwarz vermummte rechte Autonome "direkt auf die Polizisten losgegangen". Das sei für die Kollegen damals völlig überraschend gekommen. Freiberg sprach von einem "Fanal". Polizisten seien zum "Hassobjekt" gewaltbereiter Rechter geworden, seit die Behörden den Verfolgungsdruck erhöht und den Freiraum der Rechtsextremisten durch ein verändertes Versammlungsrecht und Demonstrationsverbote stark eingeengt hätten.

Der GdP-Vorsitzende bestätigte, dass Morddrohungen gegenüber Polizeibeamten inzwischen an der Tagesordnung sind. Die würden ins Internet gestellt oder direkt am Telefon ausgesprochen. Nach dem Motto: "Wir kennen dich. Wir wissen, wo du wohnst und welches Auto du fährst!"

Freiberg wertete den Mordanschlag von Passau als Beweis dafür, dass man sich in der rechten Szene strategisch nicht mehr einig sei. Früher hätten Neonazis bei Aufmärschen aus taktischen Gründen auf Gewalt verzichtet. Das gelte nun offenbar nicht mehr. Während die NPD einerseits noch versuche, über den Einzug in Kommunal- und Landesparlamente ihre Ziele zu erreichen, würden sich die jungen militanten Rechten den Kurs nicht länger vorschreiben lassen. So gesehen sei die Tat von Passau auch eine unmissverständliche Botschaft an die Parteiführung.

Die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten ist offenbar auch 2008 weiter angestiegen. Wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm gestern mitteilte, waren es bis zum 12. Dezember bereits 955. Opfer rechter Schläger wurden 994 Menschen. Als einziges Todesopfer gilt der Tote von Templin: ein Obdachloser, der im Juli von zwei Neonazis erschlagen wurde.