Der Regierungschef von Mecklenburg-Vorpommern im Abendblatt-Interview über Bündnisse mit der Linkspartei.

Hamburg/Schwerin. Hamburger Abendblatt:

Herr Sellering, der Rot-Rot-Versuch von Andrea Ypsilanti in Hessen ist gescheitert. Welche Konsequenzen zieht die SPD daraus?

Erwin Sellering:

Erstens: Man darf nach einer Wahl nicht tun, was man vorher rigoros ausgeschlossen hat. Zweitens: Mit nur einer Stimme Mehrheit kann man sich nicht auf eine rot-rote Zusammenarbeit einlassen. Da ist das Risiko einfach zu groß.



Abendblatt:

Haben sich Bündnisse von SPD und Linkspartei im Westen damit erledigt?

Sellering:

Nein. Hessen ist gründlich schiefgegangen, aber das lag an den genannten Besonderheiten, nicht an Grundsatzfragen. Bei rot-roten Bündnissen würde ich im Übrigen nicht zwischen Ost und West unterscheiden. Man muss in jedem einzelnen Bundesland schauen: Stimmen die Inhalte überein? Hat man es mit verlässlichen Personen zu tun? Wenn beides passt, kann man das auf Länderebene machen. Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern gezeigt, dass man mit den Linken erfolgreich zusammenarbeiten kann.



Abendblatt:

Das klingt, als strebten Sie nach der nächsten Landtagswahl wieder eine Koalition mit der Linkspartei an.

Sellering:

Wir haben da keine ideologische Vorfestlegung. Wir sind jetzt in einer Großen Koalition mit der CDU, die läuft gut. Und die wollen wir bis 2011 fortsetzen. Aber nach der Wahl werden wir schauen: Wenn Rot-Schwarz und Rot-Rot möglich sind, werden wir uns ganz pragmatisch für den Partner entscheiden, mit dem wir mehr sozialdemokratische Politik durchsetzen können.



Abendblatt:

Wie wird sich der Paukenschlag von Wiesbaden auf die Bundespolitik und auf den Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr auswirken?

Sellering

: Vonseiten der Union gibt es immer wieder den Versuch, die SPD moralisch unter Druck zu setzen wegen Rot-Rot. Das hätte sich mit einem Erfolg in Hessen natürlich verstärkt. Aber solche Angriffe kann man sich nicht gefallen lassen von einer Partei wie der CDU, die in Hamburg mit Schill zusammengearbeitet hat.



Abendblatt:

Wie lange dauert es noch, bis die Sozialdemokraten auch im Bund mit Lafontaines Linken paktieren?

Sellering:

Für 2009 hat die SPD dies definitiv ausgeschlossen.



Abendblatt:

Hat Ypsilanti eigentlich eine Zukunft in der SPD?

Sellering:

Das müssen die Genossinnen und Genossen in Hessen beraten. Sie müssen selbst entscheiden, wie sie sich am besten aufstellen.



Abendblatt:

Können Sie sich vorstellen, Ypsilanti einen Ministerposten in Schwerin anzubieten?

Sellering:

Nein.



Abendblatt:

Warum nicht?

Sellering:

(lacht) Wir haben gerade unser Kabinett neu besetzt - und sehr gut. Da ist kein Platz frei.



Abendblatt:

Herr Sellering, Ihr Parteifreund Wolfgang Tiefensee ist in der Bonus-Affäre schwer unter Druck geraten. Ist der Verkehrsminister am Wochenende noch im Amt?

Sellering:

Ich will hier nicht spekulieren, sondern dazu raten, dass wir uns den Sachfragen zuwenden. Für uns als Flächenland ist von großer Bedeutung, dass wir bei der Verkehrsinfrastruktur ordentlich vorankommen. Der Börsengang der Bahn ist für Mecklenburg-Vorpommern nachteilig. Wir müssen uns Sorgen machen, dass wenig befahrene Strecken geschlossen werden. In der jetzigen Situation sollte man noch einmal nachdenken, ob das wirklich der richtige Weg ist. Der Börsengang muss auf den Prüfstand.



Abendblatt:

Setzen Sie da schon auf Tiefensees Nachfolger?

Sellering:

Noch einmal: Mir geht es nicht um Personen, sondern um eine wichtige Sachfrage. Die Finanzkrise müsste Grund genug sein, auf den Börsengang zu verzichten.