Nach Meinung des bayerischen Politikwissenschaftlers Heinrich Oberreuter (66) hat die CSU mehr als die absolute Mehrheit bei den bayerischen...

München. Nach Meinung des bayerischen Politikwissenschaftlers Heinrich Oberreuter (66) hat die CSU mehr als die absolute Mehrheit bei den bayerischen Landtagswahlen verloren. "Es ist der Verlust eines Nimbus, von dem die Partei sehr, sehr lange auf Landes- und Bundesebene sowie in Europa gezehrt hat", sagte Oberreuter, der an der Universität Passau lehrt und als Direktor der Akademie für Politische Bildung in Tutzing tätig ist.

Der Wissenschaftler sagte, er sei nicht "grundsätzlich überrascht" vom Ergebnis in Bayern. Aber es sei schon eine Sensation, wie sich die Lager erdrutschartig bewegt und verändert hätten. "Das bürgerliche Lager ist nicht mehr allein die CSU, sondern besteht auch aus anderen Gruppierungen."

Die CSU sei wieder da angekommen, wo sie sich 1958 befunden habe. Die Errungenschaften der langjährigen und legendären Ministerpräsidenten Alfons Goppel, Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber und ihre Zugewinne für die CSU seien "wie weggeblasen", analysierte Oberreuter.

Die Wahl sei da entschieden worden, wo die Politik nah bei den Menschen gewesen sei. Die CSU habe eine Abstrafung durch die Wähler erleben müssen und sei durch die Verluste nicht mehr für die alleinige Regierungsmacht legitimiert worden.

Die Verluste von CSU und auch SPD bewegen Oberreuter noch zu einer anderen Frage: "Wie ist der Zustand der Volksparteien? Damit müssen wir uns ernsthaft beschäftigen."

Es ist zwar bekannt, dass während einer Großen Koalition die Regierungsparteien verlieren und die kleinen politischen Gruppierungen gestärkt werden. Gleichwohl werden die Verluste für die großen Parteien immer besorgter zur Kenntnis genommen.

Personelle Konsequenzen sieht Oberreuter auch für die CSU. Ministerpräsident Günther Beckstein werde Verantwortung tragen. "Er wird meiner Meinung nach ein Übergangs-Ministerpräsident sein und den Generationswechsel vorbereiten." Bei Parteichef Erwin Huber seien in ersten Reaktionen weder Zukunftsperspektiven noch Trauerarbeit zu hören gewesen. "Er hat sich als Parteivorsitzender bisher sehr zurückgehalten."