Die Ypsilanti-Debatte schadet der SPD, wie Umfragen zeigen. Parteigrößen Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier warnen vor Risiken.

Berlin. Peer Steinbrück platzt der Kragen: Der SPD-Parteivize und Bundesfinanzminister hat genug von den Diskussionen um eine Minderheitsregierung mithilfe der Linken. Wenige Tage vor dem Landesparteitag der Linken in Hessen warnte er SPD-Landeschefin Andrea Ypsilanti, für die SPD bedeute der zweite Versuch der Ablösung von CDU-Ministerpräsident Roland Koch große Gefahr. "Ich halte die Risiken der politischen Szenarien in Hessen für unvertretbar", sagte er dem "Stern". "Wir stehen zwischen Pest und Cholera": Sollte Ypsilanti zur Wahl im Landtag antreten und verlieren, "wird das sie selbst, die SPD in Hessen und die Bundes-SPD vor der Bundestagswahl schwer beschädigen", sagte er. Werde sie gewählt, "ist sie abhängig von der Linken und den Traumata des Herrn (Oskar) Lafontaine". Ypsilanti begebe sich damit in die Hände einer Partei, "die Einfluss ohne Verantwortung, ohne jede Verpflichtung hätte, die wöchentlich dafür sorgen kann, dass Regierungsfähigkeit wieder verloren geht". Indirekt sprach sich Steinbrück für eine wirkliche Koalition mit der Linken aus - damit sie wenigstens "in eine politische Haftung genommen werden würde".

Auch Frank-Walter Steinmeier, Außenminister und ebenfalls Partei-Vize, warnte erneut und erinnerte in der "Frankfurter Rundschau" an die Bedenken der SPD-Spitze: "All dieses werden Andrea Ypsilanti und die Delegierten des Landesparteitages in Hessen bei ihrer Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben." Die hessische SPD kommt im Oktober zusammen, die Linke berät am Wochenende auf ihrem ersten Landesparteitag über eine Duldung einer rot-grünen Minderheitsregierung. Mit Spannung erwartet wird vor allem, ob die Linkspartei dafür Bedingungen aufstellt, die für SPD oder Grüne nicht hinnehmbar wären.

Auf Bundesebene schloss Steinbrück erneut die Möglichkeit eines rot-roten Bündnisses aus. Er könne sich angesichts der Zwangsvereinigung von KPD und SPD, verfolgten Sozialdemokraten in der DDR und des verschobenen SED-Vermögens "nicht vorstellen, mit Leuten auf einer Bank zu sitzen, die zum Teil mitverantwortlich waren, diese Geschichte nicht aufarbeiten und sich nicht davon distanzieren". Der mit einem Parteiausschlussverfahren belegte frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement befürchtet indes, dass Ypsilantis Bestrebungen in Hessen einen Probelauf für engere Bindungen auch der Gesamtpartei an die Linke darstellten. "Im Moment sehe ich in unseren Reihen zu viele, die auf eine Vereinigung mit der Linkspartei Oskar Lafontaines zuzusteuern scheinen", sagte er dem "Rheinischen Merkur".

In Hessen sind einer Forsa-Umfrage zufolge 68 Prozent der Wähler gegen die Pläne Ypsilantis. Nur 27 Prozent der 1001 Befragten fänden die Bildung einer rot-grünen Regierung, die von der Linken geduldet würde, gut.

Selbst Anhänger von SPD und Grünen lehnen das Vorhaben zu jeweils 54 Prozent ab.