“Der Einzelne hat ein Recht auf Leben, aber nicht die Pflicht zu leben.“ Mit diesen Worten fasste Joachim Stünker die Debatte um das Thema Patientenverfügungen zusammen, die gestern im Bundestag geführt wurde.

Berlin. "Der Einzelne hat ein Recht auf Leben, aber nicht die Pflicht zu leben." Mit diesen Worten fasste Joachim Stünker die Debatte um das Thema Patientenverfügungen zusammen, die gestern im Bundestag geführt wurde. Der SPD-Politiker hat gemeinsam mit Justizministerin Brigitte Zypries einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der für mehr Rechtssicherheit sorgen soll. Stünker will Patientenverfügungen weitgehend verbindlich machen. Dabei soll jedoch jede Verfügung entsprechend der aktuellen Situation interpretiert werden. Zugleich muss zwischen dem behandelnden Arzt und dem zuvor vom Patienten benannten Betreuer Einvernehmen darüber herrschen, wie das Papier ausgelegt werden soll.

Bisher unterstützen 209 Abgeordnete den Entwurf, vorwiegend aus der SPD, aber auch von FDP, Grünen und Linksfraktion. "Patientenwohl kann nicht heißen, dass andere sagen, was für diesen Menschen gut ist", sagte Biggi Bender (Grüne).

Doch in der Union befürchten viele Politiker, dass es bei den Verfügungen zu Fehlern kommen könnte, die Menschen das Leben kosten würden. "Der Lebensschutz ist nicht ausreichend berücksichtigt", kritisierte der CDU-Abgeordnete Markus Grübel.

So mancher Politiker hat bereits eine Patientenverfügung. Etwa der Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD): "Ich habe sie vor wenigen Jahren verfasst - nachdem ich es lange vor mir hergeschoben hatte. Außerdem habe ich meiner Frau eine Vorsorgevollmacht erteilt. Das war mir wichtig", sagte Scholz dem Abendblatt. Er rät dazu, sich gründlich zu überlegen, wie genau die persönliche Verfügung aussehen soll, und sich von einem Rechtsanwalt, Notar oder einem Arzt beraten zu lassen. Scholz hat den Gesetzentwurf von Stünker unterzeichnet, weil dieser dem Freiheitsgedanken im Grundgesetz entspreche: "Das oberste Gebot der Freiheit ist der eigene Wille. Und der wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gestärkt."

Die Hamburger Grüne Krista Sager wartet ab, bis die Rechtslage klar ist, ehe sie eine Verfügung verfasst. Sie plädiert für mehr Einfluss des Betreuers. Der Betreuer könne den Willen des Patienten besser interpretieren als etwa ein Arzt. Außerdem könne der Betreuer erklären, dass beispielsweise nach sechs Wochen Koma die lebenserhaltenden Maßnahmen doch weitergehen sollen, wenn das Gehirn nicht geschädigt sei.