Berlin. Die Bespitzelungsaffäre bei der Deutschen Telekom ist Wasser auf die Mühlen der Gegner immer umfassenderer Datensammlungen. Mehr Reklame für ihren an diesem Sonnabend in 31 Städten angesetzten Aktionstag hätte sich der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung nicht wünschen können. Der Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern wendet sich schon lange gegen den "Überwachungswahn". Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sieht sich in seinen Vorbehalten gegen die Vorratsdatenspeicherung bestätigt.

Es war und ist die Politik, die mit immer neuen Gesetzen für immer größere Datensammlungen gesorgt hat. Dies geschah im Zeichen der Terrorabwehr nach dem Schock der Anschläge vom 11. September 2001. Ein Sicherheitsgesetz folgte auf das andere. Demnächst sollen die gesetzlichen Grundlagen für heimliche Online-Durchsuchungen geschaffen werden.

Alle Sicherheitsgesetze wurden an klare Voraussetzungen geknüpft. Der Datenschutz gilt bundesweit. Doch was ist, wenn sich jene, die Daten sicher aufbewahren und auch wieder löschen sollen, sich nicht an Recht und Gesetz halten? Technisch ist vieles möglich, auch wenn es nicht rechtmäßig ist. Beim Deutschen Anwaltstag zeigten kürzlich Experten, was man so alles machen kann mit ein bisschen Software und dem erforderlichen Sachverstand. Ein im Internet erhältliches Hacker-Werkzeug entschlüsselt in wenigen Sekunden zu simpel komponierte Passwörter. Im Nu sind die Adressbücher aus Mobilfunktelefonen ausgelesen. Ein Headset kann zur Abhörwanze umfunktioniert werden. Bewegungsprofile sind kein Problem. Sobald sich ein Handytelefonierer irgendwo ins Netz einwählt, hat man seinen Standort.

Gesetze sind das eine, ihre Einhaltung das andere. Dass der Bundesnachrichtendienst (BND) Journalisten bespitzelte, war sicher nicht legal, passiert ist es dennoch. Zur Aufklärung hat der jetzt von der Telekom geholte frühere Bundesrichter Gerhard Schäfer beigetragen. Dass der Einzelhändler Lidl heimlich seine Mitarbeiter überwachte, vertrug sich nicht mit dem Daten- und Persönlichkeitsschutz, passiert ist es dennoch.

Auch wenn der Telekom-Fall noch vor der vollständigen Aufklärung steht: Dass ausgerechnet das Unternehmen, das Millionen persönlicher Daten speichert, gegen das Recht verstößt, hat eine besondere Qualität. Für den Chef der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, zeigt der Fall, wie tief die Hemmschwelle gesunken ist.