Kanzlerin unterstützt ihre Familienministerin und will mit dem Unions-Fraktionschef reden.

Berlin. Der unionsinterne Streit um die Kinderbetreuung belastet offenbar das Verhältnis zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Unions-Fraktionschef Volker Kauder (beide CDU). Merkel sei "stinksauer" über öffentliche Zweifel Kauders am Bedarf für zusätzliche Betreuungsplätze, berichtete die "Passauer Neue Presse" gestern unter Berufung auf CDU-Kreise. Allerdings gab es nach einem Bericht der "Bild" mittlerweile ein Gespräch zwischen Kauder und Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Zum internationalen Frauentag wurden parteiübergreifend Fortschritte bei der Gleichstellung von Frauen im Berufsleben verlangt.

Kauder hatte nach der Koalitionsrunde am Montag auf einen Passus im Koalitionsvertrag verwiesen, wonach Union und SPD bis zum Jahr 2010 zusätzliche 230 000 Ganztagesplätze für Kinder schaffen wollen. Nun müsse erst einmal geklärt werden, ob dies nicht womöglich ausreichend sei, sagte Kauder weiter. Einen solchen Prüfauftrag hatte die Koalitionsrunde zuvor beschlossen. Von der Leyen fordert die Schaffung von rund 500 000 weiteren Betreuungsplätzen. Die Äußerungen Kauders waren teilweise als Distanzierung von der Politik der Familienministerin verstanden worden.

Laut "Passauer Neue Presse" sagte auch Merkel nach dem Koalitionstreffen von der Leyen Unterstützung für ihre Forderung nach mehr Kita-Plätzen zu. Mit Kauder wolle die Kanzlerin ein klärendes Gespräch führen, berichtete das Blatt weiter unter Berufung auf Regierungskreise. Kauder habe ein klassisches Eigentor erzielt. Der bekam gestern allerdings Unterstützung von Fraktionsvize Wolfgang Bosbach: Es sei nichts dagegen einzuwenden, wenn verlangt werde, "wir wollen den tatsächlichen Bedarf ermitteln und den zusätzlichen Bedarf seriös finanzieren", sagte er in der "Saarbrücker Zeitung".

Am Mittwoch sind Kauder und von der Leyen übereingekommen, gemäß dem Koalitionsbeschluss den Bedarf an Krippenplätzen noch einmal zu prüfen. Dabei solle es auch um den unterschiedlichen Stand in einzelnen Bundesländern gehen.

In der Bundestagsdebatte zum Frauentag verzichtete von der Leyen gestern darauf, ihre Forderung nach 500 000 zusätzlichen Betreuungsplätzen zu wiederholen. Sie plädierte lediglich in allgemeiner Form für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. "Das ist für mich ein ausdrückliches Ziel", sagte die Ministerin. Die Grünen-Politikerin Irmingard Schewe-Gerigk sagte mit Blick auf den Streit in der Union, manche CDU-Politiker täten so, "als ob die Zwangseinweisung direkt vom Kreißsaal in die Kinderkrippe bevorsteht". Eine stärkere Privatisierung der Kinderbetreuung verlangte die FDP-Politikerin Ina Lenke.