Schon jetzt gibt es sie: Väter, die sich für ihre Kinder eine berufliche Auszeit nehmen. Das Interesse steigt umso mehr, seitdem es das neue Elterngeld gibt.

Hamburg. Die neue Generation der Väter ist da und meldet Ansprüche an. "Väter von heute wollen mehr Lebensqualität: Weniger Karriere, mehr Familienleben und Kontakt zu den Kindern." Das sagt Volker Baisch (40), zweifacher Familienvater, Geschäftsführer des Hamburger Vereins Vaeter e.V. und Gründer der Unternehmensberatung Dads - Väter in Balance. Baisch beobachtet eine neue Entwicklung: "Wir bekommen seit einigen Wochen verstärkt Anfragen von Vätern, die sich für das Thema Elternzeit interessieren." Eine Zeit lang aus dem Beruf aussteigen und für die Kinder sorgen - bislang eher ein Frauenthema.

Finanzielle Voraussetzungen für Väter geschaffen

Seit dem 1. Januar gilt das neue Elterngeldgesetz. Langfristiges Ziel von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, die das Gesetz maßgeblich vorangetrieben hatte: Eine Verbesserung der finanziellen Situation von Familien und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Das neue Elterngeld wird an Väter und Mütter für maximal 14 Monate gezahlt. Beide Elternteile können diesen Zeitraum frei untereinander aufteilen. Ein Elternteil kann höchstens zwölf Monate allein nehmen, zwei weitere Monate sind optional für den Partner reserviert. Das heißt: Zwölf Monate Elterngeld stehen jedem Paar minimal zu, das sich eine Job-Auszeit für die Betreuung ihres Kindes nimmt. Der Elternteil, der nach der Geburt zu Hause bleibt, bekommt 67 Prozent seines vorherigen Nettoeinkommens, maximal 1800 Euro im Monat. Eltern, die vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig waren, erhalten ein Mindestgeld von 300 Euro.

Die neue Regelung soll vor allem Väter ermutigen, sich einige Monate Zeit für ihr Kind zu nehmen. "Vorher war eine Elternzeit für viele Väter nicht finanzierbar", sagt Volker Baisch. "Denn sie verdienen im Durchschnitt immer noch 25 Prozent mehr als die Mütter." Auch Ängste vor Karriereknick oder Ansehen (Hausmann = Weichei) spielten bislang eine Rolle. Das Finanzielle ist nun durch das neue Gesetz geregelt.

Auch die Furcht vor dem Imageverlust scheint vom Tisch. In einer Umfrage des Instituts Ipsos erklärten knapp drei Viertel der Männer, sie könnten sich vorstellen, ein Jahr lang zu Hause zu bleiben. 68 Prozent kündigten Ende 2006 an, Elternzeit nehmen zu wollen. Besonders ausgeprägt war der Wunsch bei jüngeren Männern. Zwei Drittel (64 Prozent) glauben dennoch, dass sie nach der Elternzeit mit beruflichen Nachteilen rechnen müssen. 37 Prozent sehen das aber nicht als Hinderungsgrund: Sie meinen, wer beruflich nicht für seine Kinder zurückstecke, sei "ein schlechter Vater". Dass ein Vorgesetzter wegen seiner Elternzeit an Autorität verliert, glauben zwar 43 Prozent der über 55-Jährigen, in der Gruppe der bis 24-Jährigen sind es aber nur noch 24 Prozent.

Die Zahlen des Bundesfamilienministeriums bestätigen die Umfrage. Demnach nahmen 2002 gerade einmal 1,5 Prozent der Väter Elternzeit, 2005 waren es immerhin fünf Prozent, Tendenz steigend.

Einer dieser Väter ist Volkmar Nebe (46). Er und seine Frau teilen sich bis heute die Betreuung ihrer Kinder Tammo (4) und Maite (2). "Ich wollte keiner dieser Wochenendväter sein", sagt Nebe. Als selbstständiger Autor habe er es allerdings leichter als andere Väter gehabt, konnte einfach kürzer treten. Nebe ist überzeugt: "Bisher wird es den Männern insbesondere in großen Unternehmen noch sehr schwer gemacht, für einige Zeit auszusteigen oder weniger zu arbeiten."

Auch Frank Weckmann (38) wagt nun den Schritt zum Vollzeitvater. Von morgen an wird er sich ausschließlich um Tochter Marie (2) kümmern. "Ich habe schon viele wichtige Momente im Leben von Marie verpasst. Das will ich nun ändern."

Steigendes Interesse von Vätern in Hamburger Unternehmen

Damit auch auf Arbeitgeberseite der Hebel in Richtung emanzipierter Männer umgelegt wird, arbeiten Organisationen wie die von Volker Baisch von Vaeter e.V. daran, die positiven Aspekte von Vätern in Elternzeit aufzuzeigen. "Die Zeit ist reif", sagt Baisch. Er bekomme immer häufiger Rückmeldungen von Unternehmen, dass Bewerber schon im Vorstellungsgespräch nach Leistungen und Angeboten zum Thema Elternzeit fragen. Große Hamburger Unternehmen bestätigen das gestiegene Interesse. "Wir haben bei uns bereits einige Anfragen von Mitarbeitern zu Elternzeit für Väter erhalten", heißt es bei Airbus Deutschland. "Grundsätzlich begrüßen und unterstützen wir die Neuregelung zu Elternzeit und Elterngeld. Für uns ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie - sowohl für Mütter als auch für Väter - ein wichtiges Anliegen." Airbus will in einer Projektgruppe mit Behördenvertretern Konzepte zum Thema erarbeiten und Infoveranstaltungen anbieten.

Der nächste wichtige Schritt: eine bessere Betreuung

Auch bei Beiersdorf erkundigen sich derzeit immer mehr Väter nach den Möglichkeiten der Elternzeit. "Wir versuchen sie zu unterstützen, wo wir können", sagt Unternehmenssprecher Klaus Peter Nebel. Trotzdem meint er: "Wichtig ist nicht das Geld, sondern eine gute Betreuung der Kinder. Wir müssen Müttern und Vätern ermöglichen, ihre Kinder in der Nähe ihres Arbeitsplatzes unterbringen zu können." Deshalb betreibt das Unternehmen einen von zwei Firmenkindergärten in Hamburg. "Wir haben diese Betreuungsmöglichkeit bereits vor dem ersten Weltkrieg eingerichtet", sagt Nebel.

Doch noch unterstützen Unternehmen die Väter in ihren Bestrebungen. Eine Tatsache, die sich laut Baisch bald ändern wird.

"Jetzt ist der Druck auf die Vorgesetzten da, Väter haben durch die Neuregelung endlich Rückendeckung", meint er. Baisch sucht nun die Zusammenarbeit mit Arbeitgebern, startet ein Modellprojekt in einem Hamburger Unternehmen, bei dem Kompetenzen, die im Familienleben erworben wurden, für den Beruf transferiert werden sollen. Damit es die Väter in Zukunft leichter haben, sich eine Auszeit für die Erziehung ihrer Kinder zu nehmen.

\* Infos zur Elternzeit unter

www.vaeter.de

www.bmfsfj.de

www.familien-wegweiser.de

www.familienwegweiser. hamburg.de