Es gibt Erlebnisse, die sind so skurril, die muss man einfach zu Papier bringen. Davon war zumindest Volkmar Nebe (46) überzeugt, nachdem er viel Zeit mit seinen Kindern Tammo (4) und Maite (2) auf dem Spielplatz verbracht hatte.

Erlebnisse, die nur dort geschehen. Erlebnisse, die ihm kein Mensch glaubte, der nicht selbst dort war. "Die Spielplatzmütter sind eine besondere Sorte Mensch", sagt Nebe. "Über diese Spezies musste man die Menschen einfach informieren." So setzte sich der Drehbuchautor hin und schrieb einen Roman.

Volkmar Nebe hat all diese Geschichten auf dem Spielplatz während der Zeit erlebt, in der er sich mit seiner Frau Bente Rickmers (37) die Betreuung der beiden Kinder geteilt hat. "Wir hatten es leicht, den Alltag zu organisieren", sagt er. "Als Autor konnte ich mir meine Zeit frei einteilen." Seine Frau sei als Lehrerin nur Vormittags fest eingebunden gewesen.

"Allein unter Spielplatzmüttern" ist das Ergebnis der Jahre. Das Buch hat für so viel Aufsehen gesorgt, dass es verfilmt werden soll. Auch ein Theaterstück ist in Planung. Nebe arbeitet bereits an dem zweiten Band. "Väter, die sich bewusst dafür entscheiden, eine Weile kürzerzutreten und sich um die Kinder zu kümmern, sind ein Riesenthema."

Trotz der Spielplatzmütter ist Nebe froh darüber, sich viel Zeit für seine Kinder genommen zu haben. "Ich wollte kein Vater sein, der seine Kleinen nur am Wochenende sieht. Dann am Sonnabend sogar noch Zeit für sich braucht und erst am Sonntag für zwei Stunden auf den Spielplatz geht." Dafür habe man Kinder: "Um sie zu erleben. Nicht nur um sie zu ernähren."

Dennoch könne er sich bis heute nicht vorstellen, ganz aus dem Beruf auszusteigen. "Bente und ich haben einen perfekten Weg gefunden. Ich bin ein zu schlechter Hausmann, um für alles zu sorgen." Deshalb seien für ihn die Stunden in seinem Büro besonders wichtig. "Diese Stunden brauche ich." Für das nächste Buch über außergewöhnliche Mütter und Väter.

"Schön, aber anstrengend"

Eigentlich hatte er sechs entspannte Monate erwartet. Jan, 39 Jahre alt, Ingenieur, dachte bei Elternzeit "eher an Urlaub". Nach der Geburt von Sohn Kjell blieb Mutter Inge (41), ebenfalls Ingenieurin, das erste halbe Jahr zu Hause in Schnelsen, das zweite halbe Jahr kümmerte sich der Vater um den Kleinen und um Stieftochter Leonie (12).

Schon vor der Geburt war klar: Beide wollten möglichst bald in den Beruf zurück. "Meinen Arbeitsplatz in einer kleinen Firma hatte ich gerade sieben Monate, da wurde ich schwanger. Während meiner Auszeit haben die Kollegen meine Arbeit gemacht, da wollte ich nicht zu lange fehlen", sagt Inge. Jan ist in einer großen Firma beschäftigt, in seiner Abteilung arbeiten ausschließlich Männer. "Da war ich wohl der Erste, der Elternzeit nehmen wollte", sagt er. Der Chef reagierte trotzdem gelassen, stellte eine Vertretung ein. "Er war sehr kooperativ." Kollegen mit Kindern hätten ihn zum Teil beneidet, hätten es auch gern so gemacht wie er, konnten es sich aber finanziell nicht leisten.

Für seine Elternzeit hatte sich Jan einiges vorgenommen: "Ich wollte in Museen gehen, Bücher lesen, Englisch lernen." Doch die Realität warf alle Planungen über den Haufen. Das Kleinkind musste rund um die Uhr versorgt werden. "Windeln wechseln, Essen bereiten, das Kind bei Laune halten - ich hatte nicht gedacht, dass das ein Full-Time-Job ist", sagt Jan heute. "Ruhezeiten zwischendurch gab es einfach nicht. Ich habe die Zeit insgesamt als sehr anstrengend empfunden."

Kontakt zu anderen Eltern hatte er kaum. "Auf typische Mutter-Kind-Kurse mit Gesprächen über Babybrei hatte ich keine Lust." Und andere Väter in Elternzeit kannte er nicht. "Irgendwann hätte ich mir Gleichgesinnte suchen müssen", sagt Jan. "Der Austausch mit erwachsenen Menschen hat mir sehr gefehlt, manchmal habe ich mich einsam gefühlt." Mit einem Jahr kam Kjell in die benachbarte Kita, fühlt sich dort sehr wohl.

Rückblickend sind alle froh, wie es gelaufen ist. "Kjell hat uns beide als Bezugspersonen", sagen Inge und Jan. Sie glauben, dass er deshalb nicht so fremdelt wie manch anderes Kind. "Insgesamt war es eine schöne Zeit, welcher Vater kann die Entwicklung seines Kindes schon so hautnah miterleben", sagt Jan.

Und Jan hat jetzt "größeren Respekt vor Hausarbeit und Erziehung". "In unserer Gesellschaft ist die Wertschätzung für Hausfrauen viel zu gering. Ich dachte immer, der Druck in der Arbeitswelt ist hoch, aber zu Hause ist der keinesfalls geringer."

"Respekt vor der neuen Aufgabe"

Er steht vor der größten Herausforderung seines Lebens, wie er sagt. Die hat jedoch nichts mit einer neuen Position in der Bank zu tun oder einem großen Kunden. Nein, Frank Weckmann (38) wird von morgen an ein Jahr lang seine Tochter Marie (2) versorgen. Denn er nimmt Elternzeit. "Es war mein großer Wunsch, mit meiner Tochter mehr Zeit zu verbringen. Und als es dann auch beruflich passte, habe ich den Absprung gewagt", sagt er.

Weckmann lebt mit seiner Familie in Kleinborstel, arbeitet jedoch seit zwei Jahren in Bremen. Oft ist er nur an den Wochenenden zu Hause. "Ich habe meine Kleine seltener gesehen als andere Väter." Es sei für ihn ein Verlust, nicht dabei gewesen zu sein, als sie ihre ersten Zähne bekam, die ersten Schritte machte, die ersten Worte sprach.

Angst vor einem Karriereknick hat der Filialleiter der Bremer Bank nicht. "Mir wurde versprochen, dass ich auf der Position weitermachen kann. Kollegen und Vorgesetzte haben mich ermuntert." Schließlich seien berufliche Erfolge nichts gegen gemeinsame Erlebnisse mit Marie.

Dennoch hat er Respekt vor den nächsten Monaten. "Meine Tochter fordert viel Aufmerksamkeit. Von jetzt an bin ich 24 Stunden für sie verantwortlich. Das wird eine Umstellung." Dann könne er sich nicht zurückziehen, wenn er keine Lust mehr habe.

Weckmann weiß jedoch schon jetzt: "Nach diesem Jahr werde ich sicher vieles anders sehen und verstehen, was meine Frau jeden Tag leistet." Und vielleicht könne er ja aus dem einen oder anderen Erlebnis auch seine Erfahrung mit in den Beruf zurück nehmen. "So können sich das Vatersein und der Beruf gegenseitig befruchten, sicherlich nicht nur bei mir."