Freiflüge: Abgeordnete im Labyrinth aus Dienst- und Privatreise, Bonus- und Kreditkarte.

Berlin. Die "Bonusmeilen-Affäre" hat unter den Bundestagsabgeordneten erhebliche Unruhe ausgelöst. Nicht wenige überprüfen jetzt ihren Umgang mit den Bonusmeilen. Das aber ist, sagt der Hamburger Bundestagsabgeordnete Dirk Fischer (CDU), "nicht ganz unkompliziert". Fischer erklärte dem Abendblatt die Tücken mit den Meilen. Wenn er eine Flugreise plane, bestellten er oder seine Mitarbeiter ein Flugticket über die Reisestelle des Bundestages. "Der Bundestag übernimmt die Kosten, wenn es sich um eine Mandatsreise, eine genehmigte Dienstreise oder eine Fraktionsreise handelt. Ich muss dann schriftlich auf einem gelben Formblatt versichern, dass die Reise in dienstlicher Angelegenheit durchgeführt wird." Den größten Spielraum hätten Abgeordnete bei so genannten Mandatsreisen. Denn als Aktionsraum von Parlamentarien gilt Deutschland. "Jeder Abgeordnete muss an jedem Tag zu jeder Stunde zu jedem politischen Zweck an jeden Ort gelangen können", berichtet der Abgeordnete. Zu Mandatsreisen gehören auch die Heimfahrten oder -flüge für Abgeordnete. "Die sind nicht leicht zu definieren", sagt Fischer. Denn der Bundestag zahlt sowohl Reisen in die Wahlkreise als auch zum Lebensmittelpunkt von Abgeordneten. Nicht jeder Parlamentarier wohnt auch in seinem Wahlkreis. Abgeordnete erhalten von der Lufthansa eine so genannte Senatorcard. "Das ist", sagt Fischer, " eine kombinierte Karte. Über die wird das Meilenprogramm abgewickelt. Sie ist aber gleichzeitig auch eine Kreditkarte. Das ist alles vermengt, und das ist auch ein bisschen das Problem." Denn auf dem Konto fließen Meilengutschriften aus verschiedensten Quellen zusammen. Gutschriften von Flügen, die der Parlamentarier über die Bundestags-Reisestelle gebucht hat. Meilengutschriften für dienstliche Flüge, die er - was erlaubt ist, - über private Reisebüros gebucht und hinterher mit dem Bundestag abgerechnet hat. Außerdem fließen auf das Konto Meilengutschriften für Privatflüge, aber auch für die Benutzung von Mietwagen und für Einkäufe mit der Kreditkarte. "Das bringt auch Meilen", berichtet Fischer. Einen Überblick über das Meilenkonto hat außer dem Abgeordneten nur die Lufthansa. Er müsste, um ganz sauber zwischen dienstlich erflogenen und privat erworbenen Meilen trennen zu können, eine "mehrfache Buchführung machen. Dann würde ich dem Bundestag einen standardisierten Brief schicken und mitteilen, welche Meilen ihm zustehen. Die kann er dann verwerten, indem ich ihn dazu legitimiere und ihm dafür meine PIN-Nummer bei der Lufthansa gebe," sagte der Abgeordnete. "Derzeit bin ich dabei, mein gesamtes Meilenkonto seit 1997 zu rekonstruieren, um nochmals zu überprüfen, welche Bonusmeilen für dienstliche oder private Zwecke eingesetzt worden sind. Ich hoffe, dass alles okay ist. Aber eine Sicherheit habe ich noch nicht," seufzt Fischer. Er ist sicher, dass es anderen auch so geht. "Viele Kollegen werden im Moment unsicher sein, wo sie überhaupt stehen." Eines aber ist für Fischer klar: "Falls ich feststelle, dass ich im Stande der Schuld bin, muss ich im Rahmen tätiger Reue zahlen." Ein entsprechendes Konto hat Bundestagspräsident Wolfgang Thierse den Parlamentariern genannt. Am liebsten wäre Fischer ein zweites Meilenkonto, um Privat- und Dienstreisen trennen zu können. "Das wäre sehr schön. Das Konto für Dienstflüge würde ich gerne an den Bundestag abtreten. Dann könnte die ganze Vermischung nicht eintreten." Bisher sei ihm nicht bekannt, dass es solche Zweitkonten geben könne. Auf den Bundestag ist Fischer auch ein wenig sauer. "Die derzeitige Regelung ist unglücklich." Und eines weiß er jetzt auch: "Wenn das System nicht verbessert wird, muss ich, um meine Sicherheit zu erhöhen, eine zweite Buchhaltung machen und jede Abrechnung genau auswerten. Die jetzige Regelung ist für Abgeordnete, die immer mit dem Zeitteufel im Genick existieren, verhängnisvoll."