Regierungswechsel: Heute wird Gerhard Schröder zum jüngsten Altbundeskanzler und Angela Merkel zur jüngsten Bundeskanzlerin Deutschlands. Wahl, Ernennung, Vereidigung, Amtsübergabe - die letzten Schritte ins Bundeskanzleramt.

Berlin. Es war eine der zähesten Regierungsbildungen in der Geschichte der Bundesrepublik. Und es folgt heute noch einmal eine lange Prozedur, bis Angela Merkel als erste Regierungschefin in der Geschichte der Bundesrepublik an ihrem Schreibtisch im Kanzleramt Platz nehmen kann. Insgesamt neun Stunden dauert der Marathon aus Wahl, Ernennung und Vereidigung.

Der Tag beginnt um 9 Uhr mit den Sitzungen der Bundestagsfraktionen. Um 10 Uhr kommt dann der Bundestag zusammen, um die CDU-Vorsitzende zur Kanzlerin zu wählen. Eine Aussprache vor der geheimen Wahl ist nicht vorgesehen. Das Ergebnis wird voraussichtlich gegen 11 Uhr bekanntgegeben. Im Anschluß empfängt Bundespräsident Horst Köhler Merkel und überreicht ihr ihre Ernennungsurkunde im Schloß Charlottenburg, denn der Amtssitz Bellevue ist wegen Renovierungsarbeiten derzeit geschlossen.

Um 14 Uhr wird Merkel im Bundestag zurückerwartet, damit sie dort von Bundestagspräsident Norbert Lammert vereidigt werden kann. Anschließend fährt sie mit ihren Ministern wieder zum Bundespräsidenten, der dann auch den Kabinettsmitgliedern ihre Ernennungsurkunden überreicht. Für 16 Uhr ist im Bundestag die Vereidigung der Minister sowie die Einsetzung der 22 Bundestagsausschüsse vorgesehen. Um 17 Uhr übergibt Gerhard Schröder das Kanzleramt an seine Nachfolgerin, und um 19 Uhr trifft sich das schwarz-rote Kabinett zur ersten Sitzung.

Angela Merkel übernimmt am Sitz der Macht ein im Wortsinn schweres Erbe: den Schreibtisch. Der ist unverrückbar, weil er nicht nur 150 Kilogramm wiegt, sondern auch im Boden verankert ist. Als Schröder am 2. Mai 2001 in das neue Bundeskanzleramt einzog, versuchte er die Kritiker der wuchtigen Architektur mit den Worten zu beruhigen: "Von hier aus wird nicht geherrscht, von hier aus wird regiert."

Nach Ansicht der Union hat die rot-grüne Koalition zwar teilweise nicht regiert. Dennoch wird Merkel über Schröder bei der Schlüsselübergabe kein böses Wort verlieren. Es gehört sich, zu diesem Anlaß den Vorgänger für seine Leistungen zu würdigen.

Für Schröder dürfte es nach siebenjähriger Amtszeit ein bewegender Moment werden. Er selbst hatte 1998 bei der Amtsübergabe gesagt, er verstehe die Wehmut vieler Menschen, die nach 16jähriger Kanzlerschaft von Kohl aufgekommen sei. Dann bezog er sein neues Büro und berief die erste Kabinettssitzung ein. So will es Merkel am Dienstag abend auch machen. Für den, der geht, herrscht danach in der Regel zunächst einmal Leere.

Lange vor Schröder und Kohl erlebte Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) 1982 diese plötzliche Leere nach acht Jahren täglicher höchster Anspannung, in denen er die Geschicke des Landes lenkte. Überliefert ist ein Wortwechsel zwischen ihm und seinem damaligen Kanzleramtsminister Horst Ehmke. Danach sagte Ehmke: "Ich schreibe jetzt jeden Tag ein paar Seiten aus dem Telefonbuch ab." Daraufhin Schmidt: "Und das legst du mir dann am Abend zur Unterschrift vor."

Angela Merkel wird - kaum im Amt - auch schon wieder weg sein. Zu ihren ersten Antrittsbesuchen fliegt die Kanzlerin schon morgen nach Paris und nach Brüssel. Abends ist sie wieder zurück in Berlin. Am Donnerstag geht es dann zu Tony Blair nach London.