Kommentar

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse sind vor allem politische Kampfinstrumente. Und gekämpft wird - zumal vor Wahlen wie im Mai in Nordrhein-Westfalen - mit härtesten Bandagen und allen Finessen. Im Visa-Ausschuß besteht das Hauptinteresse von Union und FDP darin, Rot-Grün zu schaden, indem sie Außenminister Joschka Fischer von den Grünen entzaubern. Das ist inzwischen auch weitgehend gelungen.

Fischer hat es der Opposition dabei extrem leicht gemacht. Er hat im Umgang mit der Affäre kaum einen Fehler ausgelassen, hat politisches Fingerspitzengefühl vermissen lassen, sich eine miserable Öffentlichkeitsarbeit geleistet. Er hat Schuld an möglichen Fehlern und Versäumnissen zunächst von sich wegschieben und seinen Mitarbeitern anlasten wollen und so den Eindruck erweckt, als wolle er sich feige wegducken und auf Zeit spielen.

Recht blind für die Realität und die öffentliche Stimmung ritt Fischer sich so immer tiefer in die Grütze. Jetzt hat die Koalition in höchster Bedrängnis klug die Notbremse gezogen. Fischer muß nun noch im April im Ausschuß aussagen, damit die Visa-Affäre die Wahlchancen von Rot-Grün in NRW nicht noch weiter schmälert. Ob die Rechnung aufgeht, wissen wir am 22. Mai.

Sicher ist aber schon jetzt: Fischer ist unabhängig vom Aussagetermin noch lange nicht aus dem Schneider. Seine politische Karriere hängt am seidenen Faden. Die Visa-Affäre ist keine Bagatelle. Und wenn Fischer für offenkundige Fehler und Versäumnisse die Verantwortung übernimmt, dann kann es am Ende eng für ihn werden.

Alarmierend ist auch das Rumoren unter den Diplomaten im Auswärtigen Amt. Dies deutet auf Autoritätsverfall und Führungsmängel des Ministers hin. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, daß Fischer seinen Zenit überschritten und womöglich die besten Zeiten als Politiker hinter sich hat.