Im Exklusiv-Interview mit dem Hamburger Abendblatt widerspricht der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, Politikern von Linkspartei und SPD.

Hamburg. Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hat die Politik vor einer Verharmlosung der DDR gewarnt. Sie sei "ein Unrechtsstaat gewesen", sagte Voßkuhle im Interview des Hamburger Abendblatts. Wer die DDR als Unrechtsstaat bezeichne, bestreite nicht, dass "die Menschen dort auch schöne Momente erleben konnten". Man solle aber "keine Geschichtsklitterung begehen", warnte Voßkuhle. Politiker der Linkpartei und auch der SPD hatten zuletzt in Zweifel gezogen, dass die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei.

Voßkuhle verteidigte allerdings die Aussage von SPD-Chef Franz Müntefering, die Linkspartei dürfe nicht dauerhaft an ihrer DDR-Vergangenheit gemessen werden. "Jede Partei hat eine Herkunft, mit der sie sich auseinandersetzen muss. Das schließt aber nicht aus, dass sie sich irgendwann von dieser Vergangenheit lösen kann", sagte er. "Man muss die Entwicklung genau beobachten." In dem Interview mahnte Vosskuhle zudem die Bundesregierung angesichts immer neuer Konjunkturmaßnahmen zur Haushaltsdisziplin. "Wir müssen die staatlichen Ausgaben wieder auf ein vernünftiges Maß zurückführen", forderte Vosskuhle. "Wir sind momentan in einer existenziellen Situation, die offensichtlich besondere Maßnahmen verlangt. Wir werden aber nicht mehr lange weitermachen können wie in den letzten Wochen und Monaten." Man dürfe "nicht zu überschwänglich werden mit dem Verteilen von Geld", warnte er. "Wir werden diese Krise nicht überleben ohne harte Einschnitte. Darauf müssen wir uns einstellen."

Voßkuhle, der voraussichtlich im kommenden Jahr die Nachfolge von Hans-Jürgen Papier als Präsident des Bundesverfassungsgerichts antritt, kritisierte die im Rahmen der Föderalismusreform II vereinbarte Schuldenbremse als unzureichend. "Die neue Schuldenbremse geht nicht sehr weit über das hinaus, was wir schon jetzt im Grundgesetz an Begrenzungen für neue Schulden vorfinden", bemängelte er. "In Ausnahmesituationen können auch weiterhin Schulden gemacht werden."