Gut ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl hat die große Koalition nach Lösungen für offene Streitpunkte gesucht. Bei einem Spitzentreffen am Mittwochabend in Berlin versuchten Union und SPD, ihre zahlreichen Differenzen beizulegen.

Berlin. Vor der Runde im Kanzleramt äußerten sich beide Seiten skeptisch über mögliche Verständigungen. Lediglich bei den Managergehältern zeichnete sich eine Teileinigung ab.

Beim festgefahrenen Konflikt um Lohnuntergrenzen für Zeitarbeiter und der Reform der Jobcenter war dagegen keine Bewegung in Sicht. Ferner sollte über die Reform der Finanzmärkte und mögliche Staatshilfen für Unternehmen diskutiert werden. Entscheidungen dazu wurden aber nicht erwartet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält produzierende Unternehmen wie den angeschlagenen Autobauer Opel im Gegensatz zu Finanzdienstleistern nicht für "systemrelevant". Opel könne wie andere notleidende Unternehmen auch Hilfen aus dem neuen 100- Milliarden-Euro-Rettungsfonds beantragen, wurde sie aus einer Fraktionssitzung der Union zitiert. IG-Metall-Chef Berthold Huber forderte die Regierung auf, Opel mit Staatsgeldern zu retten.

Aus einem Papier des Wirtschaftsministeriums geht hervor, dass nach dem Rettungsschirm für Banken auch notleidende Unternehmen den staatlichen Notfonds anzapfen können. Danach können noch in der ersten März-Hälfte Kredite und Bürgschaften aus dem 100 Milliarden Euro umfassenden "Wirtschaftsfonds Deutschland" beantragt werden. Als Kandidaten gelten neben Opel auch die Autozulieferer Schaeffler/Continental.

Nach den Worten von Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) brauchen Leiharbeiter jetzt ein Zeichen der Solidarität. Sie treffe es bei Entlassungen als erste, sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla pochte dagegen auf Einhaltung aller bestehenden Flächentarifverträge.

Beim Tauziehen um die Umorganisation der Jobcenter appellierte Scholz an die Union, eine Lösung nicht "mutwillig zu verhindern". Er verteidigte den Kompromiss, der von den zuständigen CDU- Landesministern einmütig unterstützt wird. Darin ist vorgesehen, durch Änderung des Grundgesetzes die Betreuung von Langzeitarbeitslosen unter einem Dach sicherstellen.

Bei den Managervergütungen hatten sich beide Seiten schon vor der Koalitionsrunde auf sechs Punkte grundsätzlich verständigt. Dazu gehört etwa die Regelung, wonach Aktienoptionen erst ab vier statt nach bislang zwei Jahren eingelöst werden können. Die noch strittigen Fragen sollen nach dem Willen der Parteispitzen in einer Arbeitsgruppe geklärt werden. Die Union lehnt die SPD-Forderung weiterhin strikt ab, wonach Spitzeneinkommen nur noch bis zu einer Million Euro steuerlich abgesetzt werden können.

Bei dem Treffen wurde außerdem ausgelotet, ob eine Verabschiedung des am Widerstand der Union gescheiterten Umweltgesetzbuchs noch möglich ist. Der SPD-Forderung nach einer Neuregelung der Überhangmandate noch vor der Bundestagswahl wollte die Union nicht nachgeben. Auf Widerstand der Sozialdemokraten stieß der Unions- Vorstoß, die Preise für Agrardiesel mit Hilfe von EU-Mitteln zu senken. Weitere Themen waren das Pressefusionsrecht, das kommunale Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger und die Auto-Abwrackprämie für Hartz- IV-Empfänger.