Die Norddeutschen hatten Geduld mit dem Kandidaten. Frank-Walter Steinmeier, Außenminister und im September SPD-Herausforderer von Kanzlerin Angela...

Cuxhaven. Die Norddeutschen hatten Geduld mit dem Kandidaten. Frank-Walter Steinmeier, Außenminister und im September SPD-Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), verspätete sich eine halbe Stunde. Aber das machte den aus Bremen, Osterholz, Oldenburg oder Soltau-Fallingbostel angereisten Sozialdemokraten nichts. Bereits als Steinmeier die Bühne entert, bekommt er stehenden Applaus - ohne einen einzigen Ton gesagt zu haben. So sieht Vorfreude auf den demnächst prominentesten SPD-Politiker und seinen Auftritt am politischen Aschermittwoch aus.

Mit 700 Besuchern hatten die Veranstalter gerechnet. Am Ende kamen mehr als doppelt so viele in die Kugelbakehalle. Die meisten älter und grau meliert. Und alle willens, den stellvertretenden Parteivorsitzenden und seine verbalen Fertigkeiten zu bejubeln. An Aschermittwoch bedeutet das als Erstes: den Gegner auch mal würziger und unfeiner angehen. Enttäuscht wurden die Steinmeier-Fans nicht, weil die Hauptfigur um die Erwartungshaltung wusste - aber er sparte sich die Attacken für später auf.

Zunächst appellierte ans eigene Selbstbewusstsein und schwor die Klientel auf das gemeinsame Ziel ein. Mit großen Worten. Die Jahre bis 2020 "können unser Jahrzehnt werden", rief der 53-Jährige dem Publikum zu. Die Gesellschaft müsse wieder fairer und gerechter werden. Steinmeier griff die Raffke-Mentalität der Banken an, verwies auf die Erfolge der Regierung mit dem Konjunkturpaket II - "bei den Einzelheiten haben wir Sozialdemokraten uns durchgesetzt" - und knöpfte sich dann, mit inzwischen leicht heiserer Stimme, den politischen Gegner vor. "Das schwarze Durcheinander schadet unserem Land", sagte Steinmeier. Bei den Christdemokraten herrsche im Unterschied zu seiner Partei Orientierungslosigkeit. Die Kanzlerin griff er trotzdem nur selten direkt an, etwa, als er sagte, dass Merkel "sich von bayerischen Regionalfürsten auf der Nase herumtanzen lässt". Bei der CSU verweilte er länger, sie führe sich auf wie eine Gruppe "pubertierender Halbstarker". Die Leute in Cuxhaven goutierten seinen Auftritt. "Hat er gut gemacht", raunte eine applaudierende Dame ihrer Nachbarin zu. Das Parteibuch steckte schon in ihrer Hand - danach war Autogrammstunde mit Steinmeier.

Derweil war SPD-Chef Franz Müntefering in Ludwigsburg zu Gast. Der Parteichef setzte in seiner Rede weniger auf Polemik, sondern eher auf Sachlichkeit und eine kühle Analyse der Probleme - ähnlich wie Steinmeier.