Sechs Monate und elf Tage vor der Wahl wollen die Sozialdemokraten ihren Spitzenmann schnittiger machen.

Berlin. Jahrelang war er der Frank-Walter. Das klang unaufgeregt. Beruhigend. Und passte zum Amt. Ein Außenminister namens Frank-Walter, konnte man sich sagen, macht keine gefährlichen Experimente. Aber ab sofort heißt Steinmeier nur noch Frank. Das sei "lebenspraktischer", heißt es aus der SPD-Zentrale, die ihren Spitzenkandidaten schnittiger machen will. Entschlossener. "Wir für Frank", das ist der neue SPD-Slogan. Also weg mit dem Walter. Wenn das mal kein Fehler ist. Einen Walter stellen sich die Deutschen zwar nicht unbedingt jung und attraktiv vor, aber einen Walter denken sie sich groß und zuverlässig. Und so eine Stütze ist in Krisenzeiten ja nicht übel. Die CDU hat das Walter-Thema entsprechend dankbar aufgegriffen. Auf YouTube sieht und hört man den Walter aus dem Namen nach unten plumpsen, und dazu heißt es doppeldeutig: "Ohne Mitte fehlt dir was." Die CDU sieht sich bekanntlich als Partei der Mitte.

Noch sechs Monate und elf Tage bis zur Bundestagswahl. Für die Koalitionsparteien sind die Umfragen miserabel. Die SPD wird bei 24 Prozent geortet, die CDU bei 34. Es gibt also einiges zu tun. Das weiß auch Steinmeier. Wenn er signalisieren will, dass er als Spitzenkandidat unterwegs ist und nicht als Außenminister, zieht er sofort sein Jackett aus und krempelt die Ärmel hoch. Als Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag in Berlin die Westerwelle-Biografie "... und das bin ich" vorstellte - so quasi von Außenminister zu Möchtegern-Außenminister -, da hat er die dunkelblaue Jacke natürlich anbehalten. Und dem Chefliberalen gleich mal klargemacht, dass er "nur in einer ganz bestimmten Konstellation" bereit sei, den Stuhl im Auswärtigen Amt frei zu machen. Sollte heißen: wenn ich nach dem 27. September Kanzler werde.

Bis dahin ist noch jede Menge Zeit. Aber der aus dem Lippischen stammende Steinmeier, der sich im Brandenburgischen um ein Direktmandat bewerben will, hat bereits angefangen, Deutschland zu bereisen. Sein Generalthema: "Das neue Jahrzehnt - Politik in der Zeitenwende". Das ist so allgemein, dass alles dazu passt. In Hamburg fordert der Spitzenkandidat der SPD die Begrenzung von Managergehältern, im ostdeutschen Zerbst gesetzliche Mindestlöhne für alle. Der geborene Wahlkämpfer, das erkennt man auf den ersten Blick, ist der Mann aus Detmold nicht. Das liegt vermutlich an den diplomatischen Leerformeln, die er sich im Ministeramt zugelegt hat. Um Steinmeiers Spitzenkandidaten-Profil zu schärfen, hat SPD-Generalsekretär Hubertus Heil deshalb ein Strategiepapier entwickelt: "Acht Orientierungspunkte für das Superwahljahr 2009". Steinmeier, heißt es darin, solle die "personalisierte Auseinandersetzung" mit Angela Merkel suchen. Mehr will die SPD auch auf Nachfrage partout nicht zu ihrer Wahlkampfstrategie sagen.

Bei der Konkurrenz ist man nicht so ängstlich. Die CDU halte an einer Steuerreform fest, sagt Generalsekretär Ronald Pofalla dem Abendblatt. Und er fügt hinzu, bei einer auf Wachstum orientierten Politik werde die auch machbar sein. Dazu kämen Schwerpunkte in der Familien-, Bildungs- und Integrationspolitik. Sein CSU-Kollege Alexander Dobrindt fügt dem Abendblatt gegenüber hinzu, man werde der SPD nicht den Gefallen tun, einen Lagerwahlkampf zu führen, sondern auf die eigene Stärke setzen. Deutschland brauche Stabilität, und die garantiere nur eine bürgerliche Regierung. "Sozialistische Planspielchen" könne man jetzt nicht gebrauchen. Zur Walter-Geschichte sagt Dobrindt, die SPD werde "mit ihrem blassen Kandidaten" nicht glücklich werden - "auch wenn sie ihm sämtliche Vornamen streicht".

Der gestrichene Walter hat sich übrigens aus dem althochdeutschen "waltan" (walten, herrschen) und "heri" (Heer, Truppe) entwickelt. Frank war hingegen einfach nur einer, der aus dem Fränkischen Reich stammte. Tja. Und jeder Marketingexperte hätte der SPD sagen können, dass es generell ein Fehler ist, eine Marke aufzugeben. Frank-Walter Steinmeier sagt, dass ihn seine Frau auch nur Frank nennt. Das glaubt man gern. Hätte man andererseits aber gar nicht wissen wollen.