ANTISEMITISMUS Eine Untersuchung im Auftrag der EU sieht wachsenden Judenhass - vor allem durch moslemische Zuwanderer. Doch der Bericht ist umstritten.

Kopenhagen/Berlin/Brüssel

dpa/afp

Nach einer umstrittenen und bisher unter Verschluss gehaltenen Studie über Antisemitismus ist der Judenhass in den EU-Staaten auf dem Vormarsch. Gewalt und Vorurteile gingen zunehmend auch von arabischen Einwanderern aus, heißt es in der im Internet veröffentlichten Untersuchung. Juden und jüdische Einrichtungen würden in Deutschland und anderen europäischen Staaten vor dem Hintergrund des Nahost-Konflikts auch von jungen Muslimen und radikal-islamischen Gruppen angegriffen.

"Auch wenn dieser Bericht problematisch ist, halte ich eine Nichtveröffentlichung für weitaus schädlicher als eine Veröffentlichung", sagte der grüne Europa-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit, der unter anderen die Studie in das Internet gestellt hatte. Verfasst haben die Untersuchung die Wissenschaftler Juliane Wetzel und Werner Bergmann vom Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität (TU) Berlin im Frühjahr 2003 - im Auftrag der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) in Wien.

Die Wiener Stelle hat bislang eine Veröffentlichung mit der Begründung untersagt, dass der untersuchte Zeitraum zu kurz gewesen sei und ergänzende Arbeiten notwendig seien. Kritiker werfen dagegen der EUMC vor, die Veröffentlichung wegen des Vorwurfs massiv antisemitischer Einstellungen unter arabischen Zuwanderern verhindert zu haben. Im Zusammenhang mit dem Streit um die Studie sperrte das Europäische Parlament 200 000 Euro Fördergelder für die EUMC. Der CDU-Europaabgeordnete Armin Laschet sagte, die "Vermischung von Politik und Wissenschaft" müsse geklärt werden.

Bergmann wies die Kritik zurück: Die Erkenntnis, dass unter arabischen Einwanderern zunehmend Juden-Feindlichkeit existiert, beruhe auf gesicherten Daten. Die Kritik an Israel und USA schlage in Judenhass um. Bergmann sagte weiter, nach Ablieferung des Berichtes am 20. Februar habe sich die EUMC zwar nicht selbst an die Autoren gewandt. "Plötzlich hieß es, die Qualität sei nicht ausreichend."

Im Zentrum der Untersuchung zu "Manifestationen von Antisemitismus in der EU" steht die Sammlung von Informationen über antisemitische Äußerungen und Vorfälle zwischen dem 15. Mai und dem 15. Juni 2002. Für zahlreiche EU-Länder wird eine erhebliche Steigerung antisemitischer Aktivitäten gegenüber dem Jahr 2000 festgestellt. Zur Lage in Deutschland heißt es, eine subtile Form von Antisemitismus mische sich in die Kritik an Israel.

Zu den Hintergründen heißt es: "Antisemitische Ausfälle im Untersuchungszeitraum wurden vor allem entweder von Rechtsextremisten oder radikalen Islamisten oder jungen Muslimen überwiegend arabischer Herkunft begangen, die ihrerseits oft potenzielle Opfer von Ausgrenzung und Rassismus sind."

"Die Vermischung von Politik und Wissenschaft muss geklärt werden." Armin Laschet, CDU