Bayrischer Adliger mit 37 Jahren der jüngste Wirtschaftsminister der Bundesrepublik. Entscheidung wurde im Einvernehmen zwischen Seehofer und Merkel getroffen. „Das waren unschöne eineinhalb Tage“, sagte Seehofer mit Blick auf Glos’ überraschendes Rücktrittsgesuch und die Nachfolgersuche. Opposition sieht Personalwechsel kritisch.

München/Berlin. Mit 37 Jahren ist er der jüngste Wirtschaftsminister seit Gründung der Bundesrepublik. CSU-Blitzaufsteiger Karl-Theodor zu Guttenberg wird schon am Dienstag als Nachfolger des amtsmüden Michael Glos vereidigt. Die Entscheidung sei im Einvernehmen mit der Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden Angela Merkel getroffen worden, sagte CSU-Chef Horst Seehofer.

"Das waren unschöne eineinhalb Tage", räumte Seehofer mit Blick auf Glos’ überraschendes Rücktrittsgesuch und die Nachfolgersuche ein. Neuer CSU-Generalsekretär soll der oberbayerische Bundestagsabgeordnete Alexander Dobrindt (38) werden, stellvertretende Generalsekretärin seine unterfränkische Kollegin Dorothee Bär (30).

Merkel bedauerte den Rücktritt von Glos. Ihr Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, Glos habe in seiner dreieinhalbjährigen Amtszeit wichtige Initiativen für die gesamte Bundesregierung auf den Weg gebracht. Die Kanzlerin freue sich auf die Zusammenarbeit mit Guttenberg. Er habe "internationale Erfahrung".

SPD-Chef Franz Müntefering sprach von einem Rücktritt in einer "unwürdigen Weise". "Das Spiel, das die Union da gespielt hat, ist für die Politik insgesamt nicht gut." In einer solchen Zeit müsse man dem eigenen Wirtschaftsminister "den Rücken stärken und darf ihm nicht hinterrücks die Stuhlbeine absägen". Er warf Seehofer das "Verhalten eines Zentralkomitees gegenüber dem Bundeskabinett" vor.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel kritisierte, gerade das Wirtschaftsministerium müsse wegen der Krise nach Kompetenz und nicht nach dem CSU-internen Regionalproporz besetzt werden. Die Linke nannte Guttenberg "eine schwere Hypothek für den Kampf gegen die Krise". Die Grünen-Fraktion sieht eine "dramatische Kompetenzlücke" der CSU in der Wirtschaftspolitik.

Seehofer räumte ein, dass er von Glos’ überraschendem Rückzug am Wochenende kalt erwischt worden sei. Er sprach von einer "unerfreulichen Entwicklung". Er habe am Wochenende Schwierigkeiten gehabt, Kontakt zu ihm zu bekommen.

Seehofer sagte aber: "Ich habe nicht den geringsten Groll." Er sprach von einer "gigantischen Aufgabe" für den neuen Minister und lobte dessen gute internationale Beziehungen und Sprachkenntnis. Er werde ein "guter Anwalt der Wirtschaftsinteressen" sein. Seehofer sieht Guttenberg aber nicht automatisch bei einem Unionserfolg zur Bundestagswahl weiter im Amt.

Er habe die Nachfolgeregelung trotz Zeitdruck bewusst in Ruhe entschieden, sagte Seehofer. Den ersten Zugriff auf das Wirtschaftsministerium habe er CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer eingeräumt. Es sei aber dann besprochen worden, dass Ramsauer den Vorsitz der CSU-Abgeordneten im Bundestag behalte.

Guttenberg sagte, für die Krise gebe es kein Lehrbuch. Er bekannte sich zur sozialen Marktwirtschaft und fügte hinzu: "Ich glaube nicht, dass wir in unserer Gesellschaft ein Übergewicht des Staates brauchen." Er werde die Aufgabe mit Kraft, Zuversicht, Mut und der notwendigen Bodenhaftung angehen.

Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) hofft mit dem künftigen Minister auf mehr Profil für die Union. "Ich glaube, dass er die größte Chance hat, dem Amt mehr Glaubwürdigkeit zu geben", sagte Bosbach der Deutschen Presse-Agentur. Der scheidende Chef der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, sagte der "Berliner Zeitung", Guttenberg trete "ein politisches Himmelfahrtskommando" an. Handwerkspräsident Otto Kentzler bedauerte Glos’ Rücktritt.