SPD wirft Merkel Führungsschwäche vor. Favoriten für die Nachfolge sind CSU-Generalsekretär zu Guttenberg und Bayerns Finanzminister Fahrenschon. Stimmen zum Glos-Rücktritt.

Berlin. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) soll nun offenbar doch gehen dürfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer hätten sich am Sonntagnachmittag darauf verständigt, hieß es aus der CSU-Führung. Als Favorit für die Nachfolge gilt der CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg. Gute Chancen habe auch Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon, meldete die Deutsche Presse-Agentur in der Nacht.

Der amtsmüde Michael Glos hatte nach dem schnellen Nein von CSU-Chef Horst Seehofer sein Rücktrittsgesuch als "Beitrag, verloren gegangenes politisches Vertrauen in die CSU zurückzuerobern" verteidigt. Tatsächlich hat er die Koalition damit in neue, schwere Turbulenzen gestürzt.

Von Bundeskanzlerin Angela Merkel gab es bis zum Abend keinen offiziellen Kommentar. Aus Unionskreisen hieß es aber, die Unionsführung wolle eine rasche Lösung. Merkel sei in die Gespräche eingebunden. Der Koalitionspartner SPD forderte eine schnelle Entscheidung. "Da muss wieder Ordnung geschaffen werden", sagte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. "Wir brauchen in dieser Lage einen handlungsfähigen Wirtschaftsminister." SPD-Generalsekretär Hubertus Heil warf Merkel Führungsschwäche vor.

Glos sagte, mit der Ankündigung, sein "stressiges Ministeramt" aufgeben zu wollen, habe er der CSU Gelegenheit geben wollen, vor der Bundestagswahl zu sagen, wer die Aufgabe des Wirtschaftsministers nach der Wahl wahrnehmen werde. Sein überraschendes Gesuch an Seehofer, das am Wochenende das politische Berlin in Aufruhr versetzte, bezeichnete er als "etwas ganz Natürliches". Als Gründe für seinen überraschenden Schritt nannte der 64-Jährige in einem Brief an Seehofer sein Alter und seine persönliche Lebensplanung. Doch auch das zerrüttete Verhältnis zum CSU-Vorsitzenden soll eine Rolle gespielt haben.

Noch am Sonnabend hatte Seehofer Glos' Bitte um eine Enthebung von seinem Amt abgelehnt. Bereits gestern zeichnete sich aber ab, dass Glos nach Auffassung der Unionsführung nicht länger im Amt bleiben könne. Neben CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg wurden auch der bayerische Umweltminister Markus Söder und Wirtschafts-Staatssekretärin Dagmar Wöhrl als Nachfolger gehandelt. Selbst ins Spiel gebracht hatte sich der CSU-Schatzmeister Thomas Bauer. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer verzichtete auf die Nachfolge.

Der frühere langjährige CSU-Landesgruppenchef Glos war nur Wirtschaftsminister geworden, weil der damalige CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber nach der Wahl 2005 einen Wechsel nach Berlin ablehnte. Glos gilt als Vertreter einer konservativ ausgerichteten Wirtschaftspolitik, der aber in der Großen Koalition nur wenige Akzente setzen konnte.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisierte: "Eine außer Kontrolle geratene bayerische Regionalpartei blockiert das ganze Land, und die Kanzlerin schaut macht- und tatenlos zu." FDP-Chef Guido Westerwelle forderte Merkel auf, die "Handlungsfähigkeit ihrer Regierung in den zentralen Bereichen der Wirtschaftspolitik" wiederherzustellen.