SPD und Grüne verlangen Aufklärung von Angela Merkel. Bundesregierung verteidigte den Export von deutschen U-Booten an Israel.

Hamburg. Berichte des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", an Israel gelieferte deutsche U-Boote des Typs Dolphin würden dort mit Atomraketenträgern ausgerüstet, haben in Deutschland zu einer innenpolitischen Debatte geführt. Drei Boote sind bereits geliefert worden, drei weitere im Zulauf.

Während die Bundesregierung die Lieferung der Dolphin-Boote noch einmal verteidigte, meinte der Grünen-Bundestagsfraktionsvorsitzende Jürgen Trittin, es sei verwunderlich, dass die Regierung ihre eigenen Bedingungen nicht ernst nehme. Trittin verwies in der "Welt" darauf, dass die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel die Lieferung des sechsten Bootes davon abhängig gemacht habe, dass Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seine rigide Siedlungspolitik ändere, den Bau eines Klärwerks in Gaza ermögliche und Gelder an die palästinensische Autonomiebehörde auszahle. "Israel hat nur die dritte Bedingung erfüllt, nicht die beiden anderen", sagte Trittin. Wenn aber nun dennoch das sechste Boot geliefert werde, dann schienen der Regierung ihre eigenen Bedingungen nicht wichtig zu sein.

Die SPD verlangte in Gestalt ihres außenpolitischen Bundestagsfraktionssprechers Rolf Mützenich Aufklärung über die atomare Ausrüstung der von Deutschland gelieferten und zum Teil mit deutschen Steuergeldern finanzierten Boote. Die Regierung solle endlich Auskunft darüber geben, ob Informationen zutreffen, wonach diese Boote mit atomar bestückten Trägersystemen ausgerüstet werden können, sagte Mützenich. "Bisher wurden die Lieferungen unter anderem damit gerechtfertigt, dass die U-Boot konventionelle Abschreckungssysteme sind."

Sein Kollege von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder, sagte unter Hinweis auf die Bedrohungslage Israels: "Aggressive Gegner in der Region machen es notwendig, dass sich unsere Freunde schützen müssen. Dabei hilft Deutschland zu Recht, weil Israel Teil unserer Wertegemeinschaft ist und wir die einzige plurale Demokratie im Nahen Osten unterstützen wollen." Damit meinte Mißfelder offensichtlich den Iran, der im Verdacht steht, Atomwaffen zu entwickeln, und dessen Führung indirekt mit der Vernichtung Israels gedroht hat.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, der Export unbewaffneter Boote nach Israel sei seiner Kenntnis nach nicht an irgendwelche Vorbehalte bezüglich einer späteren Bewaffnung geknüpft. Seibert wiederholte das Credo von Kanzlerin Merkel, die Sicherheit Israels gehöre zur deutschen Staatsräson. Bei seinem Besuch in Israel hatte Bundespräsident Joachim Gauck diese Einschätzung Merkels nicht wiederholt.

+++ Regierung verteidigt Export von U-Booten nach Israel +++

Israel gilt als einzige Atommacht im Nahen Osten. Das israelische Atomprogramm geht bis in die Anfangszeiten des 1948 gegründeten Staates zurück. Spätestens seit 1967 verfügt Israel über einsatzfähige Waffen. Über den Umfang des israelischen Atomarsenals gibt es nur Schätzungen, die von 80 bis 400 Atomsprengköpfen reichen. Die meisten Experten gehen von etwa 200 Sprengköpfen aus.

Am 2. November 2011 konnte man in weiten Teilen Zentralisraels einen langen Rauchstreifen am Himmel sehen. Vom Raketenversuchsgelände Palmachim südlich von Tel Aviv am Mittelmeer hatte das israelische Militär eine Waffe gestartet, bei der es sich vermutlich um eine leistungsgesteigerte Version der Jericho-3 handelte. Mit dieser Waffe verfügt Israel nun neben Kurz- und Mittelstreckenraketen auch über eine Interkontinentalrakete mit bis zu 7000 Kilometer Reichweite. Möglicherweise ist die Jericho-3 wie die kleineren Typen Jericho-1 und 2 auch auf dem Luftwaffenstützpunkt Sdot Micha südlich von Tel Aviv stationiert. Allerdings sind diese landgestützten Silo-Waffen auf dem kleinen israelischen Territorium verwundbar gegen einen Atomangriff anderer Staaten - angesichts der Bedrohungslage hat Israel daher kontinuierlich an der Schaffung einer Zweitschlagsfähigkeit gearbeitet.

Im Jahr 2000 fanden erste Tests statt, mit denen ermittelt werden sollte, ob sich die von Deutschland gelieferten U-Boote dazu eigneten, mit weiterentwickelten Marschflugkörpern auf der Basis des Typs Popeye Turbo SLCM bestückt zu werden. Dieser vom israelischen Rüstungskonzern Rafael gebaute Flugkörper hat eine Reichweite von 1500 Kilometern - kann damit den Iran erreichen - und trägt einen 200 Kilogramm schweren Sprengkopf.

Insgesamt gibt es weltweit derzeit rund 19 000 Atomsprengköpfe in acht Staaten der Erde. Jederzeit einsatzbereit und zum Teil in erhöhter Alarmbereitschaft sind rund 4400 Atomwaffen, wie das schwedische Friedensforschungsinstitut Sipri in seinem gestern erschienenen Bericht 2012 darlegt.