Demonstranten liefern sich Kämpfe mit Händlern und Mubarak-Anhängern auf dem Tahrir-Platz. Muslimbrüder liegen bei Wahlen vorn.

Kairo. Nach der ersten Runde der weitgehend friedlichen Parlamentswahlen flammt in Ägypten erneut die Gewalt auf: In der Nacht zum Mittwoch sind bei Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Straßenhändlern auf dem Kairoer Tahrir-Platz nach Polizeiangaben rund 80 Menschen verletzt worden. Jugendliche warfen Molotow-Cocktails und Steine auf Sicherheitskräfte. Nach der ersten Runde der ägyptischen Parlamentswahl gibt es erste Hinweise auf einen Vorsprung der Islamisten.

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Die Demonstranten, die seit mehr als zehn Tagen auf dem Tahrir- Platz ihre Zelte aufgeschlagen haben und den Rücktritt der Militärmachthaber fordern, wollten am Abend die Straßenhändler von dem Platz wegdrängen. Die heuerten Schläger an und warfen mit Steinen und Feuerbällen auf die Demonstranten. Nachdem die Auseinandersetzungen am frühen Morgen nachgelassen hatten, sicherten sie ihr Lager auf dem Platz mit Metallbarrieren und Müllcontainern.

Nach den Worten des Reformpolitikers Mohamed ElBaradei griffen „Schläger„ Demonstranten an, die gegen das regierende Militär protestierten. Mit dem Begriff „Schläger“ werden in Ägypten gewalttätige Anhänger des gestürzten, autokratisch regierenden Präsidenten Husni Mubarak bezeichnet, die etwa in den letzten Tagen des Regimes gegen die Demokratiebewegung auf dem Tahrir-Platz vorgegangen waren. Eine Regierung, die ihre Bürger nicht schützen könne, versage bei einer ihrer grundlegendsten Aufgaben, schrieb ElBaradei auf Twitter.

Vorsprung für Muslimbruderschaft

Der Nachrichtensender Al-Arabija meldete am Mittwoch auf seiner Website, 70 Prozent der im Ausland lebenden Ägypter hätten die Kandidaten der Partei der Freiheit und Gerechtigkeit gewählt.

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Die Partei ist aus der Muslimbruderschaft hervorgegangen, die aus Ägypten einen Staat mit stark religiöser Prägung machen will. In der Ära des im Februar entmachteten Präsidenten Husni Mubarak waren die Muslimbrüder die stärkste Fraktion der Opposition gewesen.

Die Auszählung der Stimmzettel aus Kairo und acht weiteren Provinzen dauerte am Mittwoch nach Angaben der staatlichen Medien noch an. Für die Bezirke, in denen es keinen klaren Sieger gibt, ist am kommenden Montag eine Stichwahl vorgesehen. In den restlichen 18 Provinzen des Landes soll am 14. Dezember und am 3. Januar gewählt werden. Die Wahlbeteiligung in der ersten Runde wird auf 60 bis 70 Prozent geschätzt.

Mit der am Montag begonnen Wahl unternimmt Ägypten einen wichtigen Schritt zur Demokratie. Die 80 Millionen Bürger sind aufgerufen, in jeweils drei Runden die beiden Kammern des Parlaments zu wählen.

Auf dem Tahrir-Platz in Kairo protestieren Demonstranten seit Tagen gegen den Obersten Militärrat. Die Demonstranten kritisieren, dass der Übergang zur Demokratie und einer zivilen Regierung in Ägypten zu schleppend vorangehe. Bei Straßenschlachten mit den Sicherheitskräften sind in den vergangenen Tagen mehr als 40 Menschen getötet worden. Der langjährige Machthaber Husni Mubarak war im Februar in einem Volksaufstand gestürzt worden. Seitdem führt der Militärrat das Land. Die Generäle haben zugesichert, die Macht bis Mitte kommenden Jahres an einen gewählten Präsidenten abzugeben.

Mit Material von dpa/dapd/rtr