Besonders in Nordkorea und im arabischen Raum werden Menschen wegen ihrer Religion bedrängt, so die Hilfsorganisation Open Doors.

Bonn. Immer wieder Tote bei Anschlägen auf Kirchen in Nigeria. Morde an syrischen und libanesischen Christen. Massiver Druck auf Kopten in Ägypten. In vielen Ländern sind Katholiken, Protestanten und andere christliche Gruppierungen auch im ablaufenden Jahr Opfer von Gewalt und Ausgrenzung geworden.

Auf mehr als rund 100 Millionen schätzt die überkonfessionelle Hilfsorganisation Open Doors die Zahl der verfolgten Christen. Sie seien damit die größte Gruppe aller aus religiösen Gründen Verfolgten, heißt es in dem von der Organisation erstellten "Weltverfolgungsindex 2012", der freilich nicht ganz unumstritten ist. Die Katholiken in Deutschland erinnern zu Weihnachten mit einem "Gebetstag für verfolgte und bedrängte Christen" an die schwierige Situation der Glaubensgeschwister. Anlass ist der Gedenktag des heiligen Stephanus am zweiten Weihnachtstag. Er gilt als erster christlicher Märtyrer.

Laut Weltverfolgungsindex belegt das kommunistische Nordkorea zum zehnten Mal in Folge Platz eins in der Rangliste von 50 Ländern mit der stärksten Christenverfolgung. Zwischen 50.000 und 70.000 Christen seien in Arbeitslagern eingesperrt, berichtet Open Doors. Im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit allerdings steht die Situation von Christen in den islamischen Ländern. Neun der zehn Länder auf den ersten Rängen und 38 von insgesamt 50 Staaten des Weltverfolgungsindex sind islamisch geprägt: Auf Nordkorea folgen Afghanistan, Saudi-Arabien, Somalia, Iran, Malediven, Usbekistan, Jemen, Irak und erstmals auch Pakistan.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, in der katholischen Bischofskonferenz für die Auslandsbeziehungen zuständig, verweist insbesondere auf die Bedrängnis der Christen in Nordafrika und dem Nahen Osten. Der Arabische Frühling sei für die Christen vielerorts zu einem Winter neuer Verfolgungen geworden, kritisiert er.

Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken beobachtet in vielen Staaten des Arabischen Frühlings eine Islamisierung, die das Leben der Christen erschwere. Wenn die Scharia oberste Rechtsquelle für alle Bürger sei, hätten andere Religionen kaum Platz, sagte der zuständige ZdK-Sprecher Peter Weiß. Schick warnt allerdings vor einseitigen Anklagen: Vielerorts lebten Muslime und Christen friedlich, ja freundschaftlich miteinander, so der Erzbischof. In manchen Situationen schützten Muslime sogar Christen vor Übergriffen und kämpften für ihre Gleichberechtigung. Das müsse ermutigen, den interreligiösen Dialog verstärkt fortzusetzen und die Religion zu einer Quelle des Friedens weltweit zu machen.

Viele Christen in den betroffenen Staaten allerdings haben die Hoffnung längst verloren. Der koptische Bischof für Deutschland, Anba Damian, befürchtet einen Exodus der Christen in Ägypten. "Mehr als 100.000 Kopten haben Ägypten in den letzten zwei Jahren verlassen, zigtausend weitere sitzen auf gepackten Koffern, weil die neuen Machthaber das Ziel haben, Ägypten systematisch zu islamisieren", sagte er in einem Zeitungsinterview. Auch der syrisch-orthodoxe Erzbischof von Aleppo, Mar Gregorios Yohanna Ibrahim, befürchtet, dass die Christen an der Wiege ihrer Religion verschwinden. "Wir haben das Christentum in Palästina und dem Irak verloren, in der Türkei und im Libanon", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". In nennenswerter Zahl gebe es Christen nur noch in Syrien und Ägypten. Die Lage in seiner Heimat Syrien bezeichnete der Erzbischof von Aleppo als hoffnungslos. Von den einst 200.000 Christen Aleppos sind nur noch ein Drittel geblieben.

Kirchenvertreter appellierten deshalb an die Bundesregierung und die EU, Druck auf die Regierungen in Nordafrika und im Nahen Osten auszuüben, um die Situation der Christen zu verbessern.