Hamburgs Weihbischof Jaschke warnt vor zunehmender Aggression in muslimischen Ländern und fordert Distanzierung religiöser Führer.

Hamburg. Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke hat vor einer zunehmenden Aggression gegen Christen in Ländern mit muslimischer Mehrheit gewarnt. "Das Selbstmordattentat auf koptische Christen in Ägypten hat eine neue Qualität", sagte Jaschke dem Hamburger Abendblatt. "Die Tat ist ein Signal, dass der Islam in immer mehr Ländern zunehmend Aggressionen gegen Christen fördert." Jaschke forderte die geistlichen Autoritäten der Muslime auf, "sich nicht nur von der Gewalt zu distanzieren, sondern auch scharf zu verurteilen, was hier geschieht". Gewalt gegen Christen sei nicht nur in Ägypten, sondern jüngst auch vermehrt im Irak an der Tagesordnung, sagte Jaschke weiter. Die Hälfte der dort einst ansässigen eine Million Christen sei inzwischen dabei, das Land zu verlassen. "Wenn im Namen Gottes Wahnvorstellungen toleriert und Bluttaten begangen werden, dann widerspricht das jeder wahrhaftigen Religion", sagte Jaschke.

Der Weihbischof sprach von einem "Schlag ins Gesicht für all das, was Religionen ernst und heilig sein muss", und betonte: "Die verantwortlichen religiösen Führer müssen aus der Deckung herauskommen und mit aller Klarheit und Deutlichkeit an die Öffentlichkeit treten." Er verurteilte abermals das Attentat von Alexandria, wo Islamisten in der Silvesternacht mindestens 23 Kopten töteten. In Ägypten leide die "mit zehn Prozent der Bevölkerung gar nicht so kleine koptische Minderheit" seit Jahren unter Druck und Benachteiligungen, sagte Jaschke. Besonders in dörflichen Gebieten in Oberägypten werde den Kopten das Leben auch verwaltungstechnisch schwer gemacht. Unterdessen bereiteten sich unter strengem Polizeischutz die koptischen Christen in aller Welt auf ihr Weihnachtsfest am heutigen Donnerstag und Freitag vor. Auf mehreren islamistischen Internetseiten waren zuvor Anschlagsdrohungen gegen koptische Christen veröffentlicht worden. In Deutschland sind mehrere koptische Gemeinden unter Polizeischutz gestellt worden. Die koptische Gemeinde in Hamburg wird allerdings morgen bei ihrem Weihnachtsfest nicht zusätzlich von der Polizei geschützt. "Wir sind in Kontakt mit der Gemeinde, konnten aber keine Bedrohungslage feststellen", sagte Polizeisprecher Holger Vehren.

Zu der christlichen Gemeinde gehören 60 Familien, Gottesdienste finden im Schröderstift statt.

In Ägypten kam es bei Protestaktionen von Christen erneut zu Zusammenstößen mit Polizei und Muslimen. Bei einem Demonstrationszug in Kairo sollen zehn Angehörige der Sicherheitskräfte verletzt worden sein. Die Ermittler versuchten weiterhin, den Attentäter zu identifizieren, der unter den Toten des Anschlags vermutet wird. Die ägyptische Regierung geht davon aus, dass das Attentat von einer Islamistengruppe aus dem Umfeld des Terrornetzwerks al-Qaida verübt wurde.

Deutschland, das die Tat klar verurteilt hat, zieht keine Konsequenzen aus der Bluttat. Die Entwicklungshilfe von durchschnittlich 64 Millionen Euro pro Jahr wird nicht angetastet. Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) sagte zur Begründung, bei dem Attentat habe es sich nicht um staatliche Verfolgung gehandelt. Niebel sagte im Südwestrundfunk, die ägyptische Regierung habe kein Interesse an solchen Terroranschlägen. Zuvor hatte der koptische Bischof in Deutschland, Anba Damian, eine Kürzung der deutschen Entwicklungshilfe gefordert.

Nach Angaben der Hilfsorganisation Open Doors werden rund 100 Millionen Christen weltweit aufgrund ihres Glaubens verfolgt. Nordkorea führe die Liste der Länder an, in denen Christen am stärksten verfolgt werden, teilte die Organisation gestern mit. Auf den nächsten Plätzen rangieren der Iran, Afghanistan, Saudi-Arabien und Somalia. Der Irak rückte von Platz 17 auf Rang acht der Negativ-Rangliste vor. Das Blutbad in einer Kirche in Bagdad Ende Oktober, bei dem 58 Menschen ums Leben kamen, gilt als schlimmster Anschlag seit Langem.

Der Islam sei in acht der ersten zehn Länder des "Weltverfolgungsindex 2011" die Religion der Mehrheitsbevölkerung; in sieben davon habe sich die Lage für Christen verschlechtert, hieß es in dem Bericht. Markus Rode, Leiter von Open Doors Deutschland, sagte: "Es ist zutiefst schmerzlich zu wissen, dass Christen brutal verprügelt, junge Christinnen versklavt und vergewaltigt, Pastoren ermordet und Kirchen abgebrannt werden."

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, sieht in der Frustration und Depression vieler Menschen aufgrund schlechter Lebensverhältnisse einen Nährboden für die Verfolgung von Christen. Zusammen mit einem radikalisierten Glauben führten Hunger und Armut zu einer hochexplosiven Mischung, sagte er dem ZDF.