Intern zerstritten, gibt EU bei Uno-Klimakonferenz kein gutes Bild ab. Doha könnte zum Symbol des Stillstands beim Klimaschutz werden.

Doha. Die Uneinigkeit der EU über ambitioniertere Klimaschutzziele bis 2020 wird zunehmend zur Hypothek für die UN-Klimakonferenz in Doha. Das Bundesumweltministerium will sich wegen der andauernden Blockade Polens nicht weiter lautstark für ein ehrgeizigeres EU-Ziel bei der Minderung des CO2-Ausstoßes einsetzen. „Wir werden es hier nicht auf die Spitze treiben“, sagte Katherina Reiche (CDU), Parlamentarische Umweltstaatssekretärin, am Dienstag nach der ersten formalen Koordinierung auf EU-Ebene.

„Kommissarin Hedegaard hat die Erwartungen gebremst was ein 30-Prozent-Ziel betrifft“, sagte Reiche. Bisher will die EU bis 2020 den Treibhausgasausstoß um 20 Prozent senken, dieser Wert ist schon jetzt praktisch erreicht. Eine Anhebung des Klimaziels sollte den Druck auf andere Staaten erhöhen. „Europa wird solange keinen positiven Einfluss auf die USA und China haben, solange es nicht eine Führungsrolle mit einem 30-Prozent-Ziel für Treibhausgasreduktionen einnimmt“, sagte Martin Kaiser von Greenpeace.

Bisher gibt es trotz immer neuer Hiobsbotschaften über die Folgen der Erderwärmung kaum Fortschritte bei der 18. Weltklimakonferenz, an der 194 Staaten teilnehmen. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) wird wegen des CDU-Parteitags erst am Mittwoch in Katars Hauptstadt erwartet.

Polen habe bei den EU-Gesprächen seine „rote Linie“ deutlich gemacht, sagte Reiche. Ein höheres Klimaschutzziel fände im Warschauer Parlament keine Unterstützung, zitierte Reiche die polnische Vertreterin. Polen spreche stellvertretend für andere, von Kohlekraft in hohem Maße abhängige osteuropäische Länder.

Vor dem EU-Treffen hatte Reiche noch angekündigt: „Wir werden innerhalb der EU in den nächsten Tagen besprechen, ob und wie wir ein ambitionierteres Ziel als 20 Prozent in die Verhandlungen bringen können.“ Altmaier hatte Sonderregelungen für Polen ins Spiel gebracht, um das Land für höhere Klimaziele zu gewinnen.

Streit gibt es auch um die Finanzzusagen zur Bekämpfung von Klimaschäden. Reiche betonte, dass Deutschland im Haushalt mindestens 1,4 Milliarden Euro für die Klimafinanzierung in den kommenden zwei Jahren einplane. Mit dieser Zusage gehört Berlin zu den Vorreitern auf EU-Ebene.

Vor Doha war es der EU nicht gelungen, konkrete Zahlen für 2013 vorzulegen. Von 2020 an sollen besonders vom Klimawandel betroffene Staaten jährlich Hilfen von rund 100 Milliarden Dollar erhalten.

Klares Ziel für Doha ist die Verlängerung des Kyoto-Protokolls - es soll als Überbrückung dienen bis zu dem von 2020 an geplanten Weltklimavertrag, bei dem sich alle Staaten zu konkreten Emissionsminderungen verpflichten sollen. Aber bei einem Kyoto II wollen nur noch Staaten mitmachen, die rund 15 Prozent der globalen Treibhausgasausstöße verursachen. Kyoto ist das bislang einzige internationale Klimaschutzabkommen. Es läuft am 31. Dezember aus.

Unklar ist besonders, was mit den ungenutzten Emissionserlaubnissen aus der auslaufenden Periode passieren soll. Länder wie Polen und Russland – die wegen Wirtschaftseinbrüchen weniger CO2 in die Luft gepustet haben, als sie eigentlich gedurft hätten – wollen ihre überschüssige „heiße Luft“ als CO2-Gutschriften für die Zeit von 2013 an behalten. Die EU ist dagegen. Auch Deutschland fordert, dass die Erlaubnisse komplett gestrichen werden. „Unser Ziel bleibt, sie nicht zu verwenden“, sagte Reiche. Denn de facto würde das den Klimaschutz deutlich schwächen und Kyoto II zu einem Abkommen ohne Wert machen.

Insgesamt geht es um Zertifikate im Wert von 13 Milliarden Tonnen CO2. „Die Menge entspricht den gesamten EU-Emissionen von drei Jahren“, betont die Umweltstiftung WWF. Deutschland wolle ausschließen, dass sie an andere Kyoto-Länder verkauft werden könnten, sagte Reiche. Nach Ansicht der EU-Kommission seien die Zertifikate nicht innerhalb der EU handelbar.

Umweltschutzorganisationen forderten von der Bundesregierung, ein Scheitern in Doha zu verhindern. Am Rande des CDU-Bundesparteitags in Hannover forderte Greenpeace mehr persönlichen Einsatz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). „Frau Merkel muss ihrem Umweltminister ein starkes Verhandlungsmandat erteilen, damit Schwung in die festgefahrenen Verhandlungen kommt“, sagte Karsten Smid, Klimaexperte von Greenpeace. Olaf Tschimpke, Präsident des Naturschutzbundes Deutschlandes, warnte in Doha vor einer außer Kontrolle geratenden Erderwärmung, wenn die Weltgemeinschaft sich weiter gegenseitig blockiere.