Der amtierende US-Präsident Barack Obama wird mit Freunden, Familie und Beratern in einem Hotel in Chicago die Wahlergebnisse verfolgen.

Chicago. Selbst für US-Präsident Barack Obama ist so ein Wahltag keine Routine. Am Dienstag zog er sich mit Familie in seine Heimatstadt Chicago zurück. Statt wie der republikanische Konkurrent Mitt Romney in besonders umkämpften US-Staaten vor Ort noch einmal auf Stimmenfang zu gehen, wollte Obama sich auf Interviews in Radio und Fernsehen beschränken.

„Es liegt nicht mehr in meinen Händen. Es liegt jetzt in euren“, sagte Obama seinen Unterstützern am Montagabend beim letzten Auftritt in Des Moines im US-Staat Iowa. Da Obama schon vergangene Woche seine Stimme abgegeben hatte, entfiel am Dienstag auch ein Fototermin im Wahllokal. Seine Frau Michelle hatte per Briefwahl abgestimmt. So blieb Zeit für ein gemeinsames Mittag- und Abendessen mit der Familie.

Ein Wahltag-Ritual aber pflegte Obama: Basketballspielen. Wie immer an Tagen entscheidender Abstimmungen wollte er mit Freunden und engen Mitarbeitern ein paar Körbe werfen. Diese Tradition hatte Obama nur ein einziges Mal ausgelassen und 2008 prompt die Vorwahl in New Hampshire verloren. „Diesen Fehler machen wir nicht noch einmal“, sagte sein Berater Robert Gibbs.

Amtsinhaber umgibt sich abends mit Vertrauten

Später am Abend wollte sich Obama dann mit Freunden, Familie und Beratern in einem Hotel in Chicago treffen, um die Wahlergebnisse zu verfolgen. Wenn der Gewinner feststeht, wollte er in das örtliche Kongresszentrum McCormick Place fahren – und dort entweder eine Siegerrede halten dürfen oder seine Niederlage eingestehen müssen.

Fest stand jedoch, dass Obamas Wahlnacht mit der vor vier Jahren nicht zu vergleichen sein wird. Damals herrschte in Chicago ungewöhnlich warmes Wetter, 125.000 Menschen empfingen ihn begeistert als Wahlsieger im Grant Park. Diesmal hatte sich sein Wahlkampfteam entschieden, in der Halle zu bleiben. Die Meteorologen sagten Regen und Kälte für Chicago voraus, 26 Grad kälter als 2008 sollte es werden.

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Obama zeigt bei letztem Auftritt Gefühle

Den ersten Sieg konnte Obama bereits gleich nach Öffnung der ersten Wahllokale in zwei kleinen Ortschaften im Staat New Hampshire einstreichen, die traditionell die Stimmabgabe eröffnen. In Hart’s Location gewann der demokratische Amtsinhaber kurz nach Mitternacht (Ortszeit) mit 23 Stimmen, für seinen Herausforderer Mitt Romney von den Republikanern votierten neun Bürger. In Dixville Notch spiegelte sich mit einem Patt von fünf zu fünf Stimmen das bundesweit erwartete Kopf-an-Kopf-Rennen wider.

Der Präsident konnte bei seiner letzten Wahlkampfrede in Des Moines (Iowa) seine Gefühle nicht verbergen. Obama wischte sich eine Träne aus dem Auge, als er vor 20.000 Anhängern erklärte: „Ich bin mit der Bitte zurückgekehrt, das zu Ende zu bringen, was wir begonnen haben, weil hier unsere Bewegung für den Wandel ihren Anfang nahm.“ Obama hatte 2008 die erste Vorwahl der Demokraten für sich entschieden und damit den Grundstein für seinen Wahlerfolg gelegt.

Herausforderer Romney kämpfte allerdings bis zur letzten Minute. Nach Auftritten in Ohio und Pennsylvania wollte er daheim in Boston die Ergebnisse abwarten. Wählen gingen Romney und seine Frau Ann am Morgen in der Nähe ihres Heimatorts Belmont im Staat Massachusetts. Auf einer Veranstaltung in New Hampshire am Vorabend attackierte Romney nochmals Obamas Wirtschaftspolitik und versprach den Wählern, den Wandel zu bringen, den der Amtsinhaber nicht zustande gebracht habe.

Wahlkampf kostete fast sechs Milliarden Dollar

US-Vizepräsident Joe Biden gab gemeinsam mit seiner Ehefrau Jill in Greenville im US-Staat Delaware seine Stimme ab. Jede Wahl sei immer noch spannend, sagte der Politikveteran. Es sei das achte Mal, dass er bei landesweiten Wahlen antrete.

Nach Berechnungen des Center for Responsive Politics dürfte das Werben um Stimmen bei der Präsidenten- und Kongresswahlen so kostspielig gewesen sein wie nie zuvor: Mit 5,8 Milliarden Dollar (4,5 Milliarden Euro) verschlang der Wahlkampf sieben Prozent mehr als noch vor vier Jahren.

In den USA entscheidet nicht die Gesamtzahl der für einen Kandidaten landesweit abgegebenen Stimmen über den Einzug ins Weiße Haus. Es geht immer um den Sieg in einem der 50 US-Staaten, der dann von Wahlmännern bei der eigentlichen Präsidentenwahl am 17. November vertreten wird. Um Präsident zu werden braucht ein Kandidat mindestens 270 Wahlmännerstimmen. Das System kann zu widersprüchlichen Ergebnissen führen wie 2000, als der Demokrat Al Gore zwar US-weit die meisten Wählerstimmen bekam, der Republikaner George W. Bush aber mit der Mehrheit der Wahlmänner Präsident wurde.

Am Dienstag stand zudem die Wahl aller 435 Sitze im Repräsentantenhaus, eines Drittels (33 Sitze) im Senat sowie von elf Gouverneuren an. Es wurde erwartet, dass die Demokraten ihre knappe Mehrheit im Senat verteidigen und dass das Repräsentantenhaus wieder von den Republikanern dominiert wird.

Supersturm „Sandy“ könnte Auszählung der Stimmen verzögern

Der Wahlkampf wurde angesichts einer Arbeitslosenquote von 7,9 Prozent von Wirtschaftsthemen dominiert. Aber auch die Sturmkatastrophe an der US-Ostküste könnte noch eine Rolle spielen. Wegen des Hurrikans „Sandy“, der vergangene Woche über die Ostküste hinwegzog, könnte es in wenigen Wahlkreisen zu Verzögerungen bei der Auszählung kommen. In New Jersey sollten Sturmopfer ihre Stimmen zudem per E-Mail abgeben können, wie es auch Soldaten und US-Bürger im Ausland tun können.