Der US-Präsident will die umstrittenen Militrätribunale für Guantanamo-Häftlinge doch wieder einsetzen. Schon seine Entscheidung die Veröffentlichung von Folter-Fotos zu stoppen, löste bei Menschenrechtlern Enttäuschung und Empörung aus.

Hamburg/Washington. Erst kündigte US-Präsident Barack Obama in einer unerwarteten und politisch dramatischen Kehrtwende an, er wolle vor dem Obersten Gerichtshof der USA erstreiten, dass die bereits vom Pentagon zugesagte Veröffentlichung von bislang unveröffentlichten Folter-Fotos aus dem Irak doch noch verhindert wird. Jetzt will er heute Pläne vorstellen, wie die umstrittenen Militärtribunale für Guantanamo-Gefangene - ebenfalls entgegen früheren Ankündigungen - doch erhalten bleiben können. Allerdings mit einem besseren Rechtsschutz.

Unter Obamas Vorgänger George W. Bush hatte der Kongress die Tribunale im Jahr 2006 für die Verfahren gegen die Insassen des Gefangenenlagers Guantanamo auf Kuba geschaffen. Vor den Tribunalen haben Angeklage im Vergleich zu den US-Zivil- und Militärgerichten deutlich eingeschränkte Rechte.

Als Obama im Januar sein Amt antrat, sah alles nach einem kompletten Bruch mit der Politik seines Vorgängers George W. Bush in Sachen Folter und Menschenrechtspolitik aus. Obama verbot Folter, kündigte die baldige Schließung des berüchtigten Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba an und veröffentlichte - zum Entsetzen der US-Geheimdienste - sogar Berichte über die rüden Verhörmethoden der amerikanischen Sicherheitsbehörden. Menschenrechtler jubelten - und sind nun zutiefst enttäuscht vom Präsidenten.

"Die Fotos sind nicht besonders sensationell", meinte Obama jetzt über die Folterbilder, "vor allem, wenn man sie mit den schmerzlichen Abbildungen vergleicht, die wir noch aus (dem amerikanischen Folterlager) Abu Ghraib in Erinnerung haben."

Barack Obamas Entscheidung stellt die erste Kehrtwende bei der Menschenrechtspolitik Washingtons dar - entsprechend heftig sind die Reaktionen. Der Direktor der einflussreichen US-Menschenrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU), Anthony D. Romero, nannte Obamas Schritt einen schweren Fehler. Beamte der US-Regierung hätten ihm die rund 2000 Fotos als "schlimmer als Abu Ghraib" geschildert. Aus ihnen gehe hervor, dass die Folterpraxis nicht nur einigen wenigen "faulen Äpfeln" angelastet werden könne - sie sei vielmehr eine auf höchster Ebene festgesetzte Politik gewesen. Und dies könne man mittels dieser Bilder dokumentieren.

Der ACLU-Jurist Amrit Singh sagte, Obamas Entscheidung sei ein Hohn auf seine Versprechen von größerer Transparenz und Verantwortung. "Indem die Obama-Administration der Öffentlichkeit diese Fotos vorenthält, macht sie sich im Grunde zum Komplizen der Folter-Politik der Bush-Regierung", meinte Singh.

Die ACLU hatte vor Gericht erreicht, dass diese Fotos am 28. Mai veröffentlicht werden sollten. Doch als das Datum näher rückte, trugen hochrangige Militärs ihre Bedenken US-Verteidigungsminister Robert Gates vor, der daraufhin mit dem Präsidenten redete. Singh sagte, seine Organisation sei bereit, alles zu tun, um die Veröffentlichung doch noch zu erreichen.

"Die Veröffentlichung dieser Fotos würde zu unserem Verständnis davon, welche Taten in der Vergangenheit von einer kleinen Anzahl von Personen begangen wurden, nichts weiter beitragen", sagte Obama der Presse auf dem Südrasen des Weißen Hauses, "tatsächlich wäre die direkte Konsequenz einer Veröffentlichung, wie ich glaube, das weitere Anheizen des Anti-Amerikanismus, und sie würde unsere Truppen in größere Gefahr bringen." Im vergangenen Monat hatte Obama noch erklärt, die Fotos könnten getrost veröffentlicht werden, da dies nicht die Sicherheit der Vereinigten Staaten gefährde.

Das Folter-Gefängnis Abu Ghraib in Bagdad wurde 2006 an die irakische Regierung zurückgegeben. Kürzlich wiedereröffnet, heißt es nun "Zentralgefängnis Bagdad".