Justizminister ist entsetzt über Scheinhinrichtungen und Foltermethoden.

Washington. Das US-Justizministerium will gegen CIA-Mitarbeiter wegen des Verdachts von Gefangenenmissbrauch ermitteln. Bis zu einem Dutzend Fälle aus den Jahren 2002 bis 2004, die seinerzeit nach Prüfung durch Staatsanwälte der Regierung Präsident George W. Bushs keine Strafverfolgung rechtfertigten, werden aufs Neue aufgerollt. Dies sieht nach einem Bericht der "New York Times" eine Empfehlung des Ethik-Ausschusses im Justizministerium an Eric Holder vor. Der Justizminister soll entsetzt sein über belegte Vorwürfe von Scheinhinrichtungen und anderen Foltermethoden, die in Einzelfällen mit dem Tod von Gefangenen endeten.

Eine Wiederaufnahme von Ermittlungen wegen Foltervorwürfen würde einen weiteren Schlag gegen den von Insidern als demoralisiert beschriebenen US-Geheimdienst bedeuten. Erst vor wenigen Tagen war enthüllt worden, dass die CIA-Söldner des Unternehmens "Xe", bekannter unter seinem alten Namen Blackwater, für ihr hoch geheimes Attentatsprogramm gegen mutmaßliche Terroristenführer planten, Drohnen in Pakistan und Afghanistan einzusetzen. Blackwater-Mitarbeiter sollen auch bei der Einrichtung von Geheimgefängnissen und bei Verhören beteiligt gewesen sein, die "Waterboarding" (simuliertes Ertrinken) und andere unter Präsident George W. Bush autorisierte Praktiken umfassten.

Eine Strafverfolgung solcher Verhör-Spezialisten, warnen nun Verteidiger der CIA, untergrabe nicht nur die Moral und Schlagkraft des Dienstes, der auf die Rückendeckung durch die Regierung in den Grauzonen des Anti-Terror-Kriegs angewiesen sei. Zeugen seien zudem kaum mehr zu finden, viele Aussagen und andere Beweise unbrauchbar. Erfolgversprechender sei eine standesrechtliche Ächtung jener Hausjuristen der CIA und des Justizministeriums, die mutmaßlich Verstöße gegen das US-Folterverbot rechtfertigten.

Gestern wurden zudem Details eines internen Untersuchungsberichts des CIA-Inspekteurs erwartet, der im Jahr 2004 verfertigt und nie veröffentlicht wurde. In dem Bericht werden unter anderem die Verhöre des mutmaßlichen Al-Qaida-Führers Abd al-Rahim al-Nashiri behandelt, der Aktionen im Persischen Golf, darunter den Anschlag auf die "USS Cole", kommandiert haben soll. Der Gefangene sei während des Verhörs im Jahr 2002 mit Waffen und einem Schlagbohrer bedroht worden. Im Nebenraum wurden Schüsse abgefeuert, um eine Hinrichtung vorzutäuschen. Die CIA rief den Offizier ins Hauptquartier zurück und versetzte ihn.

"Unmittelbare Todesdrohung" in einem Verhör als Druckmittel einzusetzen fällt in den USA unter das Folterverbot. Um diesen offenbar recht weit verbreiteten und von der Bush-Regierung gedeckten Missbrauch auszuschließen, hat Präsident Obama entschieden, die Führung eines Teams von Verhörspezialisten, die prominenten Gefangenen zugewiesen sind - die "High-Value Detainee Interrogation Group" (HIG) -, künftig nicht mehr in der CIA, sondern beim "Nationalen Sicherheitsrat" des Präsidenten anzusiedeln.