Baschar al-Assad erhält überwältigende Mehrheit. Westerwelle: Volksbefragung in Syrien hat mit Demokratie nichts zu tun.

Amman/Brüssel. Die von Syriens Präsidenten Baschar al-Assad vorgestellte neue Verfassung ist staatlichen Medien zufolge mit überwältigender Mehrheit angenommen worden. Das syrische Fernsehen berichtete von 89,4 Prozent Zustimmung bei einer Volksbefragung zu den Änderungen, die von der Opposition und dem Westen als Augenwischerei abgelehnt wurden. Die Beteiligung an dem Referendum soll bei 57,4 Prozent gelegen haben.

Die Bevölkerung sollte darüber abstimmen, ob ein Artikel aus der Verfassung gestrichen wird, der der Baath-Partei die Alleinherrschaft garantiert. Zudem soll der Präsident nur noch zwei Amtszeiten mit einer Dauer von jeweils sieben Jahren regieren dürfen. Da diese Regelung aber nicht nachträglich wirksam wird, könnte Assad bis 2028 an der Macht bleiben. Die Opposition hatte zum Boykott aufgerufen.

+++ 29 Tote bei Abstimmung zu neuer Verfassung in Syrien +++

+++ Syrer sollen über neue Verfassung abstimmen +++

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte, die Volksabstimmung habe mit Demokratie nichts zu tun. Westerwelle und seine Kollegen in der Europäischen Union beschlossen, sieben syrische Minister mit einem Einreiseverbot in die EU zu belegen. Zudem werden Konten der Minister im Ausland eingefroren, darunter die von Außenminister Walid al-Mualem. In einer scharfen Erklärung machten die EU-Chefdiplomaten klar, dass Assads Regime "für die Taten zur Verantwortung gezogen wird".

+++ Zusammenstöße bei Treffen der Syrien-Kontaktgruppe +++

"Wir können nicht akzeptieren, dass in Krankenhäusern Kinder ermordet und Frauen vergewaltigt werden", sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. Die zwölfte Sanktionsrunde seit Ausbruch des Konflikts vor gut einem Jahr zielt zudem auf die syrische Zentralbank, auf Frachtflüge nach Europa und den Handel mit Gold, anderen Edelmetallen und Diamanten. Ein Importverbot von Phosphaten wurde Diplomaten zufolge ebenso verworfen wie ein Embargo für Passagierflüge zwischen Europa und Syrien. Das Verbot syrischer Cargo-Flüge soll aber nicht dazu führen, dass die Bevölkerung getroffen wird. Frachtlieferungen europäischer Gesellschaften nach Damaskus bleiben deswegen auch erlaubt. Inzwischen befinden sich die Namen von mehr als 100 syrischen Repräsentanten auf der Sanktionsliste. Auch ein Importverbot für Öl gilt bereits.

Menschenrechtsgruppen zufolge wurden bei dem erneuten Beschuss der Rebellenhochburg Homs sieben Einwohner getötet. Die Stadt wird seit Wochen von der Armee mit Raketen, Artillerie und Granaten angegriffen. Insgesamt sollen Tausende Menschen bei dem Aufstand ums Leben gekommen sein. Die Angaben aus Syrien können nicht überprüft werden, da die Regierung ausländischen Journalisten kaum Zugang gewährt.

Mehr als 80.000 Syrer haben seit Beginn der Proteste Zuflucht in Jordanien gesucht. Die jetzt von der jordanischen Regierung bekannt gegebene Zahl wirft ein Schlaglicht auf die eskalierende Gewalt in Syrien.

Am Montag kam der ehemalige Uno-Generalsekretär und neue Syrien-Gesandte Kofi Annan nach Angaben aus Uno-Kreisen zu Gesprächen mit dem iranischen Außenminister Ali Akbar Salehi und dessen französischem Kollegen Alain Juppé zusammen. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen soll sich heute mit der Lage in Syrien befassen. Die EU, die USA und die meisten Mitglieder der Arabischen Liga unterstützen den Vorschlag, der dagegen von Iran und Kuba kritisiert wurde. Die russische Diplomatin Marina Korunowa sagte, ihre Regierung werde sich dem Treffen nicht entgegenstellen. Sie warnte jedoch, dass es "nicht nützlich und kontraproduktiv" wäre, ein schriftliches Protokoll der Debatte anzufertigen. Russland und China hatten mit ihrem Veto eine Resolution des Uno-Sicherheitsrats zu Syrien verhindert.

Die Niederlande haben eine internationale Friedensmission für Syrien gefordert. Es werde alles versucht, "um zu sehen, ob wir an einem bestimmten Punkt einen friedenserhaltenden Einsatz auf die Beine stellen können", sagte der niederländische Außenminister Uri Rosenthal. Allerdings heiße das, dass vor dem Beginn eines entsprechenden Einsatzes Frieden herrschen sollte, fügte er hinzu. Wie aus niederländischen Diplomatenkreisen verlautete, strebt Rosenthal keine EU-Truppe an, sondern eine Beteiligung an einem internationalen Einsatz unter Führung der Arabischen Liga oder der Uno.