Nach Ansicht Ban Ki Moons könnte die Gewalt des syrischen Regimes als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet werden.

Wien/Amman/New York. Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon zufolge ist die Gewalt des syrischen Regimes gegen die Bevölkerung "fast sicher ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Das erklärte Ban am Donnerstag am Rande einer Konferenz in Wien. „Wohngebiete werden willkürlich beschossen, Krankenhäuser als Folterzentren genutzt und Kinder, zum Teil nur zehn Jahre alt, werden angekettet und misshandelt“,sagte Ban. Was sich in Syrien derzeit abspiele, könnte als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet werden. Eine ähnliche Formulierung hatte am Montag bereits die Uno-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay in einer Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen gewählt.

Der Beschuss von syrischen Städten geht unvermindert weiter. Am Donnerstag haben gepanzerte Verbände der syrischen Armee die Stadt Daraa beschossen. Dort begann vor gut einem Jahr der Volksaufstand gegen Präsident Baschar al-Assad. Vor allem die von der Freien Syrischen Armee kontrollierten Stadtteile lägen im Feuer der Regierungstruppen, berichten Bewohner und Vertreter der Opposition. Die bewaffneten Rebellen hätten Straßensperren der Regierungstruppen und Unterkünfte der Geheimpolizei beschossen. Zwei Kämpfer der Freien Syrischen Armee, die vornehmlich aus Deserteuren besteht, wurden den Angaben zufolge verletzt. Unterdessen ist Russland mit einem Versuch gescheitert, die geplante Syrien-Resolution in der Uno-Vollversammlung abzuschwächen.

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In der an der Grenze zu Jordanien liegenden Stadt Daraa hatte vor gut einem Jahr nach der Verhaftung mehrerer Oppositionsanhängerinnen und zweier Schuljungen die Revolte gegen Assad begonnen, die von der Armee im April unterdrückt wurde. Nach Darstellung der Opposition gingen Regierungsgegner in jüngster Zeit unter dem Schutz der Freien Syrischen Armee wieder verstärkt auf die Straße.

Kurz vor der Abstimmung über eine Syrien-Resolution in der Uno-Vollversammlung ist Russland mit dem Versuch gescheitert, die Erklärung abzuschwächen. Die von russischen Diplomaten gewünschten Änderungen seien von arabischen Staaten abgelehnt worden, sagte mehrere Vertreter westlicher Länder am Mittwochabend in New York. Russland habe unter anderem darauf bestanden, dass die syrische Opposition im gleichen Maße wie die Regierung von Präsident Assad für die Gewalt verantwortlich gemacht werden müsse. Zudem hätte eine Passage hinzugefügt werden sollen, die einen Rückzug der Armee aus den Städten nur dann vorgesehen hätte, wenn vorher die Opposition ihre Angriffe eingestellt habe.

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Der von Saudi-Arabien verfasste und von Ägypten eingebrachte Resolutionsentwurf fordert die vollständige Umsetzung des Friedensplans der Arabischen Liga. Dazu zählt ein sofortiges Ende der Gewalt und der bedingungslose Rückzug der Armee aus den Wohngebieten. Der Resolutionsentwurf für die Generalversammlung sieht zudem die Entsendung eines Sondergesandten nach Syrien durch Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon vor. Eine ähnliche Syrien-Resolution war vor kurzem am Widerstand von Russland und China im Uno-Sicherheitsrat gescheitert. Die Abstimmung in der Uno-Generalversammlung ist für Donnerstag um 21.00 Uhr (MEZ) angesetzt. In dem Gremium gibt es keine Veto-Möglichkeiten, eine Resolution wäre aber völkerrechtlich nicht bindend.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle erklärte, Deutschland unterstütze die von arabischen Staaten eingebrachte Resolution. Er hoffe auf eine große Mehrheit und damit ein klares Signal der Staatengemeinschaft für die Menschen in Syrien und gegen die Gewalt des Assad-Regimes. „Ich appelliere an diejenigen, die bisher abseits stehen, die Lösungsbemühungen der Arabischen Liga konstruktiv zu unterstützen“, fügte er hinzu. Syrien brauche ein Ende der Gewalt und einen politischen Neuanfang. Das chinesische Parteiorgan „Volkszeitung“ warnte derweil vor einer ausländischen Einmischung in die inneren Angelegenheiten Syriens. Eine Ausweitung des Konflikts könnte ungeahnte Folgen für die sich erholende Weltwirtschaft haben, schrieb ein Autor mit Namen „Zhong Sheng“, was übersetzt „Stimme Chinas“ heißt.

Die USA haben gestern (Ortszeit) das von Assad angekündigte Verfassungsreferendum als „lächerlich“ bezeichnet. „Es verhöhnt die syrische Revolution“, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, am Mittwoch vor Journalisten. „Reformversprechen folgte bisher gewöhnlich eine Zunahme der Brutalität und sie wurden von diesem Regime seit Beginn der friedlichen Proteste in Syrien nie umgesetzt.“ Die Tage Assads seien gezählt, meinte Carney. Dies werde schon durch die Absetzbewegung in der Führung in Damaskus deutlich. „Mitglieder des Regimes, die militärische und zivile Führung, demonstrieren ihr Vertrauen in die eigene Zukunft – oder ihr mangelndes Vertrauen in die Zukunft Assads, indem sie ihren Besitz außer Landes schaffen, indem sie sich darauf vorbereiten, ihre Familien aus dem Land zu schicken.“ Syriens Zukunft finde ohne Assad statt, sagte der Präsidentensprecher. „Es geht nicht ums ob, es geht ums wann.“ Assad hatte am Mittwoch für den 26. Februar eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung angekündigt, in der unter anderem die Monopolstellung seiner Baath-Partei aufgehoben wird.

Mit Material von rtr/dpa/dapd