Muss der als korrupt verschriene Jacob Zuma Macht abgeben? Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu sagt: “Das ist Demokratie,“ Die vierte Wahl seit dem Ende der Apartheid ist entscheidend für Südafrikas Zukunft. Im nächsten Jahr wird die Fußball-Weltmeisterschaft am Kap ausgetragen.

Johannesburg. Die südafrikanische Bevölkerung wählt ein neues Parlament und kratzt möglicherweise an der Dominanz des regierenden ANC. Dem Afrikanischen Nationalkongress (ANC) droht zwar der Verlust der Zweidrittelmehrheit. Gleichwohl dürfte er führende Kraft im Land bleiben, das 2010 Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft ist. Die vierte Wahl seit dem Ende der Apartheid vor 15 Jahren dürfte zudem ANC-Chef Jacob Zuma den Weg ins Präsidentenamt ebnen. Gegen Zuma waren erst vor wenigen Wochen Korruptionsermittlungen eingestellt worden.

Der 67-jährige Zuma, den seine Gegner als korrupten Populisten darstellen, gab sich bei der Stimmabgabe siegesgewiss. "In meiner Jugend habe ich gewusst, dass dieser Tag kommen wird", sagte er in seinem Geburtsort Nkandla. Die größte Herausforderung für Zumas Partei bildete der vom ANC abgespaltene Volkskongress (Cope). Die von Anhängern des gestürzten Präsidenten Thabo Mbeki gegründete Partei stützt sich auf die wachsende schwarze Mittelschicht, konnte aber offenbar nicht bei der ärmeren Bevölkerung punkten.

Die Opposition, zu der auch die von der Weißen Helen Zille geführte Demokratische Allianz gehört, hoffte gleichwohl, aus der wachsenden Frustration über Korruption, Armut und Kriminalität Kapital schlagen zu können.

Die meisten Experten sagten der Partei Nelsons Mandelas einen Stimmenanteil zwischen 60 und 66 Prozent nach 70 Prozent vor fünf Jahren voraus. "Dass der ANC die Zweidrittelmehrheit verliert, ist wahrscheinlicher, als dass er sie verteidigt", hieß es bei der Beratungsfirma Control Risk.

Der Friedensnobelpreisträger Bischof Desmond Tutu sagte, es sei nicht mehr so selbstverständlich wie noch in den ersten Jahren nach dem Ende der Apartheid, dass die Wähler ihr Kreuz beim ANC machen. "Die Menschen stellen Fragen, und das ist gut so. Das ist Demokratie", sagte Tutu. Bereits vor dem Morgengrauen bildeten sich lange Schlangen wartender Wähler vor den Abstimmungslokalen. Größere Zwischenfälle oder Verzögerungen wurden zunächst nicht gemeldet.