Kommentar

Für die einen ist Kenia die wahr gewordene Prospektlüge, mit Traumstränden und Safari-Parks. Ein schönes, scheinbar stabiles Land - ein wenig jenseits von Afrika. Für die 100 000 Menschen aber, die vor den erbitterten Kämpfen der Erzrivalen Mwai Kibaki und Raila Odinga fliehen und sogar in Kirchen ihres Lebens nicht mehr sicher sind, ist das Land die Hölle. An der Ostküste des Kontinents steht Afrikas einstige Musterdemokratie vor dem Kollaps.

Nun regt es sich wieder, das globale Gewissen, das sich erst im vergangenen Sommer bei dem G8-Gipfel mit dem Versprechen einer neuen Afrika-Politik beschwichtigen ließ. In Wahrheit hat die Weltöffentlichkeit den Kontinent angesichts der Nachrichten von Kriegen und Krisen (in die 23 von 53 Staaten verwickelt sind), Chaos, Anarchie, Naturkatastrophen, Aids-Epidemien und Hungersnöten abgeschrieben. So gesehen sind auch die Betroffenheitsfloskeln, die stets dann anheben, wenn verzweifelte Flüchtlinge an den Grenzen Europas stranden, pure Heuchelei. Der Westen spendet entweder humanitäre Hilfe oder Geld. Deutschland hat sogar großzügig darüber hinweggesehen, dass sich der in Kenia angeblich wiedergewählte Präsident Kibaki in seinen fünf Amtsjahren als Meister der Vetternwirtschaft und der Korruption erwies und das Treiben seiner Machtclique trotzdem mit 29 Millionen Euro Entwicklungshilfe allein 2006 finanziert.

Jetzt lässt sich allerdings nicht länger leugnen, dass es auch in Kenia nicht darauf ankommt, wer wählt, sondern wer zählt. Das hat sich zuletzt in Äthiopien, Uganda, Nigeria oder Ruanda bewährt. Mit Duldung oder sogar Wohlwollen des Westens. Schluss damit. Die internationale Anerkennung der Präsidentschaftswahl darf es ebenso wenig geben wie Empfänge Kibakis in Europa oder den USA. Das zumindest sind Demokratien ihrem eigenen Ruf schuldig.