SEOUL. Diese Mauer wird fallen." Südkoreas Präsident Roh Moo Hyun ließ am Dienstag vor seinem symbolträchtigen Fußmarsch über die Grenzlinie nach Nordkorea - die für ihn die Mauer bedeutet - keinen Zweifel daran, dass die Wiedervereinigung auf der seit rund 60 Jahren geteilten koreanischen Halbinsel nur eine Frage der Zeit ist. Zwar existiert eine richtige Mauer zwischen den beiden koreanischen Staaten nicht. Doch war die Grenze zwischen Süd- und Nordkorea immer schon noch undurchlässiger als im Fall der beiden deutschen Staaten. Zwar gibt es wieder erste Verkehrsverbindungen durch die vier Kilometer breite Pufferzone zwischen beiden Ländern. Doch fließt der Verkehr bisher nur einseitig Richtung Norden.

Noch verwehrt das Regime in Pjöngjang seinen Bürgern, frei zu reisen. Auf einen Durchbruch hofft jetzt Seoul beim zweiten innerkoreanischen Gipfeltreffen in Pjöngjang. Der Versuch, die Weichen für eine neue Friedensordnung für die Halbinsel zu stellen, soll letztlich auch dem Ziel der Vereinigung dienen. Einen Tag vor Ende des zweiten innerkoreanischen Gipfeltreffens zeigte sich Südkoreas Präsident Roh Moo Hyun gestern in einem vorläufigen Fazit seiner Gespräche mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Il zufrieden, dass dies gelingen könnte. Die Gespräche hätten gute Ergebnisse gebracht, sagte Rohs Sprecher.

Die Südkoreaner haben die deutsche Vereinigung genauestens studiert. Doch vor allem das wirtschaftliche und soziale Gefälle zwischen Südkorea und dem von ständigen Versorgungskrisen und akuter Energieknappheit geplagten Norden sind im Vergleich zu den deutschen Zuständen um ein Vielfaches größer. Eine Vereinigung nach deutschem Muster würde Südkoreas Wirtschaft - so die landläufige Meinung - kaum verkraften.