Bush lenkt ein. Lob von Umwelt-Experten. Entspannung auch im Raketenstreit zwischen Russland und USA.

Heiligendamm/Hamburg. Kurz vor 15 Uhr sickerte die überraschende Nachricht von Heiligendamm durch: Beim Mittagessen der G-8-Staats- und Regierungschefs hat Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern einen ihrer bislang größten außenpolitischen Erfolge perfekt gemacht und US-Präsident George W. Bush beim Klimaschutz Zugeständnisse abgerungen, die vor Kurzem noch undenkbar schienen. Erstmals lässt sich auch Bush auf ein konkretes Ziel im Kampf gegen die Erderwärmung ein: Möglichst bis 2050 soll der globale Ausstoß schädlicher Treibhausgase halbiert werden, vereinbarten die G 8.

Die Gipfelteilnehmer beschlossen außerdem, für das 2012 auslaufende Klima-Protokoll von Kyoto binnen zwei Jahren eine Nachfolgeregelung zu finden. Auch dagegen hatte Bush einst opponiert.

Monatelang hatte Merkel, die den G-8-Vorsitz führt, um einen Kompromiss gerungen. Gestern sagte sie erleichtert: "Ich kann damit sehr, sehr gut leben. Ich halte ihn für einen sehr großen Fortschritt und für ein sehr gutes Ergebnis."

Das Ergebnis sei mehr, als er erwartet habe, sagte auch der Chef des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber, dem Abendblatt. Nun müsse Europa konsequent diesen Weg weitergehen.

Heute stoßen zu den G 8 - USA, Kanada, Japan, Russland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland - die politischen Führer der boomenden Volkswirtschaften China, Indien, Brasilien, Südafrika und Mexiko in Heiligendamm hinzu. Dann werden die G 8 versuchen, diese Staaten, die ebenfalls massiv Treibhausgase in die Atmosphäre pumpen, für die Klimaschutz-Initiative zu gewinnen.

Entspannung gab es gestern überraschend auch im russisch-amerikanischen Raketenstreit. Präsident Wladimir Putin bot Bush an, ein Radarsystem in Aserbaidschan gegen mögliche Raketenangriffe aus dem Iran gemeinsam zu nutzen. Nach einem Gespräch mit Bush sagte Putin, bei einer Errichtung der Anlage am Kaspischen Meer hätte er keine Einwände mehr. Dann würde er seine Drohung fallen lassen, russische Raketen auf Europa zu richten. Bush sagte, dass Putin "einige interessante Vorschläge" gemacht habe. Das Gespräch werde am 1. Juli auf einem Landsitz der Familie Bush in Kennebunkport im US-Staat Maine fortgesetzt. Dorthin hat er Putin eingeladen: "Wir sind uns einig, einen strategischen Dialog zu führen."

Rings um das Tagungsgelände blockierten auch gestern Demonstranten die Zufahrten zu dem abgeschotteten Ostseebadeort. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein.