Nicolas Sarkozy wollte zu lange telefonieren, Merkel übersetzte für die Medien, und der Lehrer Rainer Friedemann kam nicht zur Arbeit.

Heiligendamm. 7.04 Uhr: Lehrer Rainer Friedemann (65) versucht von seinem Haus in Heiligendamm zur Arbeit nach Rostock zu fahren. Doch am blockierten westlichen Kontrollpunkt in Hinter Bollhagen gibt er auf und dreht um: "Die Zustände sind chaotisch."

9.25 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel steht in der Sonne vor dem Kurhaus in Heiligendamm und wartet auf die G-8-Kollegen. Jose Manuel Barroso kommt als Erster, Tony Blair breitet die Arme aus und küsst sie auf die Wange. Nicolas Sarkozy führt auf dem roten Teppich noch schnell ein Telefonat und muss fast gedrängt werden, sich Richtung Sitzungssaal zu begeben.

9.30 Uhr: Hunderte von G-8-Gegnern sind auf den Straßen unterwegs. Aus den Camps in Reddelich ziehen sie erneut Richtung Sicherheitszaun. "Wir können den Gipfel nicht verhindern, aber wir können ihn stören", sagt Katja Schaffer (25), die sich von Rostock auf den Weg gemacht hat.

10 Uhr: Die G-8-Runde hat Platz genommen zur ersten Arbeitssitzung. Merkel sitzt zwischen Wladimir Putin und George W. Bush. Die beiden Präsidenten aus Russland und den USA waren sich beim Essen am Vorabend auf Gut Hohen Luckow meist aus dem Weg gegangen.

10.20 Uhr: Vor dem Zaun an der Rennbahn sitzen etwa 500 Blockierer. Die Polizei hat sich weitgehend zurückgezogen, obwohl die Demonstranten in der Verbotszone sind. Kurz zuvor hatte die G-8-Einsatzgruppe der Polizei "Kavala" gemeldet, dass sie mit gewalttätigen Aktionen rechne. Demonstranten könnten mit Nägeln präparierte Kartoffeln sowie Rauch- und Brandbomben einsetzen.

11 Uhr: Aufregung am Strand von Kühlungsborn: Zwei Schlauchboote von Greenpeace kommen mit hoher Geschwindigkeit von Westen über das Wasser. Sie verletzen damit das Seesperrgebiet. Die Polizei nimmt mit mehreren Schlauch- und Schnellbooten die Verfolgung auf. Hubschrauber kreisen über der Szene. Aber die Umweltaktivisten sind geschickt, steuern eines der Schlauchboote unter der Kühlungsborner Seebrücke hindurch, schlagen regelrecht Haken. Erst nach zehn Minuten wird es aufgebracht.

12.30 Uhr: Vor dem westlichen Tor in Hinter Bollhagen haben sich inzwischen wieder 1000 Demonstranten versammelt, nachdem am Morgen mehrere kleinere Sitzblockaden geräumt wurden. Wasserwerfer werden eingesetzt. Anwohner Maik Stangenberg (45) ist sauer. Um eine Eskalation zu vermeiden, hatte die Polizei seine Grundstückspforte aufgehebelt, damit die Demonstranten über sein Grundstück ungestört abziehen konnten. Sein Garten ist zerstört.

13 Uhr: Die Teilnehmer des J-8-Gipfels treffen die Teilnehmer des G-8-Gipfels. Der 17-jährige Isaya Yunge aus Tansania sagte: "Das Wichtigste, was die G-8-Länder tun können, ist, in Bildung zu investieren."

13.10 Uhr: Die Journalisten stehen in Kühlungsborn bereit, um zu einem kurzfristig angesagten Pressetermin nach Heiligendamm zu fahren. Aber: Die historische Dampflok "Molli" ist wie schon am Tag zuvor durch 1500 Demonstranten auf den Gleisen lahmgelegt. Stattdessen werden die Journalisten mit einem Boot nach Heiligendamm gebracht.

13.30 Uhr: Der Gegengipfel in Rostock endet. 1500 Menschen haben über eine gerechtere Art der Globalisierung diskutiert und Alternativen entwickelt.

13.50 Uhr: Am östlichen Kontrollpunkt des Zauns an der Rennbahn stellen sich die Demonstranten vor den Zaun und machen Erinnerungsfotos mit Handys. Die Polizei lässt es zu.

14 Uhr: Auf dem Rostocker IGA-Gelände beginnt das Konzert "Deine Stimme gegen Armut".

14.15 Uhr: Die Gefangenensammelstellen sind gut belegt. "In der Nacht bis 7 Uhr hatten wir 200 Ingewahrsamnahmen", sagt Polizeisprecher Lüder Behrens. Bis 13 Uhr seien 166 weitere Festnahmen und 30 Ingewahrsamnahmen dazugekommen.

14.50 Uhr: Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff wirbt in Wismar bei den First Ladies für sein Land: "Backsteingotik und Biotechnologie, Hering und Hightech - Mecklenburg-Vorpommern zeigt, wie gut sich das verträgt."

14.25 Uhr: An dem Kontrollpunkt Hinter Bollhagen werden weitere Polizisten eingeflogen. Immer mehr Demonstranten sammeln sich auf einer Wiese vor dem Tor am Zaun. Am Vormittag hatte die Polizei bei kleineren Ausschreitungen auch Pfefferspray eingesetzt. Anwohner Heidi Kraszon verschließt das Tor zu ihrem Grundstück. "Ich halte nichts von diesen Provokationen", sagt sie kopfschüttelnd.

15.10: Bundeskanzlerin Angela Merkel betritt in Heiligendamm das Briefing-Center am Molli-Bahnhof. Sie berichtet über die Klima-Einigung und die "sehr kooperative Atmosphäre" unter den G 8, liest auf Englisch vor und übersetzt. "Nicht dass jemand schreibt, ich hätte stockend Deutsch gesprochen", mahnt Merkel lächelnd. "Ich übersetze hier aus dem Englischen, ich mache eine Dienstleistung für Sie."

15.30 Uhr: Zwei Fragen lässt Merkel noch zu: "Ich bin ja hier die Chefin und muss ja auch noch leiten. Ich habe den Kollegen versprochen, dass es pünktlich weitergeht."

16.10 Uhr: Die Medienvertreter hängen fest. Wegen "hoher Wellen" haben auch die Marine-Barkassen den Betrieb bis auf Weiteres eingestellt, Molli ist noch blockiert. Bis nach Kühlungsborn sind es unüberwindliche sechs Kilometer.

16.30 Uhr: Bush und Putin scherzen in strahlendem Sonnenschein vor der Kulisse von Heiligendamm. Von Verstimmung wegen des US-Raketenschilds keine Spur mehr. 17 Uhr: Molli fährt wieder.

17.10 Uhr: Mehr als 300 Demonstranten sitzen in den Gefangenensammelstellen. Die Polizei stößt langsam ans Ende ihrer Kräfte, wie Polizeisprecher Olaf Seitels von der Sondereinheit "Kavala" in Rostock sagt. Eine Public-Viewing-Veranstaltung in Warnemünde für das Konzert in Rostock wurde abgesagt.

18.25 Uhr: Anwohner Ralf Goedeke (45) ist glücklich: "Ich bin an der Kontrollstelle an der Rennbahn ohne Probleme mit dem Fahrrad raus- uns reingekommen." Er musste in Bad Doberan ein Einschreiben abholen.

18.50 Uhr: Die Demonstranten bleiben am Zaun. Inzwischen stehen neun Wasserwerfer am Kontrollpunkt in Hinter Bollhagen und werden eingesetzt.

19.20 Uhr: Beim Konzert in Rostock werden 100 provozierende Rechtsradikale festgenommen.

19.30 Uhr: Entspannung in Heiligendamm. George W. Bush hat seinen Schlips abgelegt. Tony Blair auch. Die Mächtigen der Welt plaudern vor dem Kurhaus. Wetter und Ausblick sind noch zu schön, um schon ins Haus zu gehen.