Friedensnobelpreis: El-Baradei und seine internationale Uno-Atombehörde geehrt. Mit der Zersplitterung der Welt wächst die atomare Drohung wieder. Der Ägypter steht dagegen.

Frankfurt/Main. Der Friedensnobelpreis für die Uno-Atomenergiebehörde IAEO und ihren Generaldirektor Mohammed El-Baradei steht für die Hoffnung auf eine Welt ohne Atomwaffen. Fast 50 Jahre nach Gründung der Organisation zeichnete das Norwegische Nobelkomitee in seiner Würdigung zur Vergabe des Preises aber ein eher düsteres Bild. "In einer Zeit, in der die Bedrohung durch Atomwaffen wieder zunimmt", soll die Auszeichnung für die IAEO deren Stellung in den internationalen Beziehungen stärken.

Vor dem Irak-Krieg wollten die USA im März 2003 nicht mehr abwarten, bis die IAEO dort die mögliche Existenz von Atomwaffen überprüft hatte. Die Entscheidung zum Krieg brüskierte damals El-Baradei. "Sollten verbotene Waffen gefunden werden, haben nur die Vereinten Nationen die Autorität, sie zu beseitigen - und nicht die USA", erklärte El-Baradei am ersten Tag des Krieges. Dabei war es eine Initiative der USA, der die IAEO ihre Gründung zu verdanken hat. 1953 entwarf US-Präsident Dwight D. Eisenhower seine Vision zur friedlichen Nutzung der Atomenergie. Vier Jahre später wurde die IAEO gegründet, die 1970 mit dem Inkrafttreten des Atomwaffensperrvertrags ihre inzwischen wichtigste Aufgabe erhielt.

Das Abkommen verpflichtet die fünf offiziellen Atomwaffenstaaten USA, Rußland, Großbritannien, Frankreich und China, auf eine vollständige Abschaffung ihrer Nuklearwaffen hinzuwirken und kein atomwaffenfähiges Material an andere Staaten weiterzugeben. Die übrigen Unterzeichnerstaaten haben zugesichert, nicht nach Atomwaffen zu streben. Gleichwohl verfügen inzwischen weitere Staaten über Atomwaffen: Indien, Pakistan, Nordkorea und wohl auch Israel.

Es ist das Verdienst des Ägypters, die bürokratische Uno-Behörde seit 1997 zu einem der wichtigsten Akteure der Abrüstungsbemühungen gemacht zu haben. Engagiert, aber mit äußerster Sachlichkeit führte er die IAEO durch schwierige Herausforderungen wie die Ausweisung von Inspekteuren aus Nordkorea im Jahr 2002 oder die Untersuchungen im Irak vor dem Krieg von 2003. Zur Zeit sind es erneut Nordkorea sowie das iranische Atomprogramm, was der IAEO Kopfzerbrechen bereitet.

Der 64jährige El-Baradei studierte Rechtswissenschaften in Kairo und New York. 1964 trat er in den diplomatischen Dienst seines Landes ein. El-Baradei übernahm verschiedene Aufgaben für die Uno, seit 1984 ist er bei der IAEO tätig, seit Dezember 1997 als Generaldirektor. Kritiker warfen ihm vor, zu langsam zu agieren. Aber El-Baradei warb stets um Geduld und trat für genaueste Überprüfungen ein.

"Was wir tun, stellt den Eckpfeiler jeder Rüstungskontrolle dar", sagte El-Baradei. Bei aller Zurückhaltung läßt er es sich nicht nehmen, deutlich Stellung zu beziehen. 2003 kritisierte er die Zustimmung des US-Kongresses zur Entwicklung sogenannter Mini-Atomwaffen. Der Nobelpreis wird El-Baradei stärken, kommt aber auch zu einem überraschenden Zeitpunkt. "Der Preis wurde jemandem gegeben, der 2005 wenig Erfolg hatte", sagte der Osloer Friedensforscher Stein Toennesson. "Wir müssen den Preis als Ausdruck der Hoffnung betrachten, daß die Iran-Frage innerhalb der IAEO gelöst werden kann."